Kunstschätze im Stadtbesitz

Wir präsentieren einmal im Monat ein Kunstwerk aus dem städtischen Besitz. Live können die Kunststücke im Bürger:innenservice im Rathaus begutachtet werden. Viel Freude beim Entdecken „unserer“ Kunstschätze!
 

Kunstwerk des Monats März:
„Kostümentwurf Antigone“ von Fritz Wotruba

Fritz Wotruba (1907- 1975) gilt als einer der bedeutendsten österreichischen Bildhauer des 20. Jahrhunderts. Wotruba war aber auch als Bühnenbildner aktiv. So hat er in den 1960er Jahren für die Inszenierungen von drei Sophokles-Dramen am Wiener Burgtheater (König Ödipus 1960, Antigone 1961 und Elektra 1967) sowohl das Bühnenbild, also auch die Kostüme entworfen. Im Mai 1960 hatte er sich bei einer Reise nach Griechenland mit dem antiken Theater beschäftigen und auf die Bühnenarbeiten vorbereiten können.

Ein Beispiel der Vorarbeiten Wotrubas zum Bühnenbild von Antigone ist das Bild „Kostümentwurf Antigone“ von 1961 im Besitz der Stadt Bregenz: eine aquarellierte Zeichnung auf Papier, in der Wotruba die Figuren Ismene (Antigones Schwester), Antigone und Euridike (Frau des Kreon, König von Theben) stelenartig in bodenlangen einfarbigen Tunikas und in statischer Haltung mit erhobenen Armen entwirft.

Im Vergleich zu den Kostümentwürfen sind die Holz-Entwürfe für das Bühnenbild zu Antigone als übereinander-gestaffelte viereckige Blöcke abstrakter gehalten und zeigen bereits die spätere Entwicklung Wotrubas hin zu einer Auflösung der figürlichen Komponenten zugunsten geometrischer Abstraktion.

So entwarf Wotruba 1967 für den „Ring der Nibelungen“ an der Deutschen Oper in Berlin einen „Baukasten“ aus 117 großen Blöcken, die in immer neuen Kombinationen zu „Urlandschaften“ auf der Bühne zusammengesetzt werden konnten.

Archiv

Max Weiler (1910-2001) gilt heute als einer der wichtigsten und produktivsten Maler und Zeichner der österreichischen Nachkriegszeit. In mehr als siebzig Jahren künstlerischer Arbeit entstanden rund 1600 Gemälde, vierzig großformatige Arbeiten im öffentlichen Raum und ein knapp 3.500 Arbeiten umfassendes zeichnerisches Werk, in dem Weiler verschiedenste Formate und Techniken anwandte.

Die Natur und die Bergwelt des in Tirol aufgewachsenen Malers war von Anfang an prägend für sein Werk. Während seines Studiums an der Akademie der bildenden Künste in Wien begeisterte ihn vor allem die Landschaftsmalerei der Song-Dynastie im chinesischen Kaiserreich. Diesen Einfluss kann man auch im Bild „Roter Baum“ von 1970 erkennen. Auch wenn Weiler vor allem für seine sakralen Darstellungen und Fresken berühmt wurde, sagt er selbst über seine Kunst: »Mein Werk hat nichts mit Religion zu tun, wohl aber mit der Schöpfung«. So schreibt er 1975 in seinen Selbstreflexionen: “Ich gehöre … zu Land, zu Berg, zu Wasser, zu Wolke, zu Wind, zu Stein.” Und das heißt zugleich: “nicht zu Mensch, zu Gliedern … zu Körperbewegungen … nicht zu Tier, nicht zu Haus, Stadt, Schloß, Brücke …”

Der „Rote Baum“ von 1970 ist Teil der Bildserie “Landschaften auf tönenden Gründen”, die Weiler von 1969 bis 1972 realisierte. Die Serie zeichnet sich durch eine starke Farbgebung und eine Umdrehung der Bildordnung zugunsten des Hintergrundes aus. Im Titel seiner Serie nimmt der Maler vielleicht auch auf die musikalische Komponente seiner Bilder Bezug, deren kräftige Farbtöne und -klänge den inneren Sinn in Schwingung versetzen, dennoch aber gegenständlich bleiben wollen, an der Natur als oberste Inspirationsquelle orientiert.

Text: Dr. Anna Greissing

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Heinz Cibulka, 1943 in Wien geboren, ist ein in Niederösterreich lebender  freischaffender Aktions- und Objektkünstler, sowie Fotograf und Schriftsteller. Cibulka absolvierte von 1957 bis 1961 die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Im Anschluss beteiligte er sich als Freund von Hermann Nitsch und Rudolf Schwarzkogler an diversen Kunstaktionen im öffentlichen Raum bzw. dokumentierte dessen Aktionen, um das Theaterwerk Hermann Nitsch in fotografischen Bildern „nachlesbar“ zu machen.

Das hier vorgestellte Bild „Weinviertler Reizbarkeit“ von 1977 im Besitz der Stadt Bregenz stammt aus dem Frühwerk des Künstlers. In den 1970er Jahren schuf Cibulka zunächst mehrere Fotozyklen bzw. Objektbilder (bildsprachliche Aneinanderreihungen mit schwarz/weiß Fotografien). Ab 1975 realisierte er seine „Bildgedichte“: bildsprachliche Fotoarbeiten, die aus jeweils vier Aufnahmen bestehen (4 Bilder im Block montiert). Dem Künstler geht es hier neben einem Interesse an ländlichen Erscheinungsformen vor allem um das poetisch-kompositorische Zusammenfügen visueller Strukturen. So entstehen Arbeiten mit Titeln wie Reizbarkeit-Weinviertel, Stammersdorf- Essen und Trinken, Kompost, Most-fühlt, Hochgebirgsquartette, etc.. In den 1980er Jahren setzt Cibulka ähnlich aufgebaute Fotoarbeiten im urbanen Umfeld um (Struktur-Zyklen Wien, Berlin, Neapel, Antwerpen, etc). Seit den 1990er Jahren setzt er künstlerische Konzepte und Arbeiten vermehrt mithilfe des Computers um (Videostills, graphische Bilder und Bild-Formationen, Fragmente, etc.)

Neben den bildnerischen Arbeiten schreibt Cibulka auch lyrische und konzeptuelle Texte.

Text: Anna Greissing 

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Philipp Preuss wurde 1974 in Bregenz geboren. Er wuchs in Wien auf und studierte Regie und Schauspiel am Mozarteum Salzburg sowie Theaterwissenschaften und Philosophie in Wien.

Seit 2001 ist er freier Regisseur und lebt in Berlin. Preuss ist vor allem als Regisseur tätig, er inszeniert aber auch seit 2001 Ausstellungen mit fiktiv-virtuellen Künstlerfiguren, die von Schauspielern dargestellt werden. Damit erweitert Preuss den Theaterbegriff in den Bereich der bildenden Kunst.

Seine Arbeit "bling bling" aus dem Jahr 2009 ist für die "Licht" Werkmappe der VKW-Illwerke entstanden. Preuss erläutert den Kontext und die Aussage der Arbeit so: „Ich arbeite seit 2001 mit künstlerischen Avataren und Heteronymien. Einer dieser Figuren ist Anatol Attivic. Diese Künstlerfigur arbeitet im Bereich von postsowjetischer Ästhetik und westlichem Kapitalismus. Die Fotomontage „bling-bling“ ist ein Ausschnitt aus einer Casinoschrift aus der Stadt Las Vegas, die Attivic als Tourist besuchte und abfotografierte. Der Neon Schriftzug "Gambling" der Casinoarchitektur wurde so montiert, dass daraus ein "bling" bzw "bling bling" wurde".

Der popkulturelle Begriff des "Bling Bling" beschreibt den oberflächlichen Glitzer- und Luxuseffekt bei Schmuck uä. Attivic zeigt so ein Abbild von neoliberaler Realität, definiert dabei aber durchaus selbstkritisch seine eigene Arbeit als Produkt in einem medialen Verwertungsprozess.“

Text: Anna Greissing

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Karl Malkmus, 1929 in Frankfurt geboren, war ein deutscher Maler. Er absolvierte in jungen Jahren eine Kirchen- und Dekorationsmalerlehre und besuchte anschließend die Werkkunstschule Offenbach.

1964 eröffnete Malkmus ein Werbeatelier für Siebdruck und Gebrauchsgraphik, 1980 entwickelte er eine neue Siebtechnik.

Das im Besitz der Stadt Bregenz befindliche Ölbild von 1988 lässt den Einfluss der Kirchen und Dekorationsmalerei erkennen (es erinnert an bunte Glasfenster wie man sie häufig in Kirchen findet), jedoch in expressionistisch-kubistischem Stil gemalt. Im Bild, das aus vielen einzelnen mosaikartig angeordneten Farbflächen besteht, sieht man klar das Motiv mindestens eines Vogels, vielleicht eine Taube (in der christlichen Kunst ein Symbol für den heiligen Geist) eingebettet in einen weißen Hintergrund. Die starken Farben sind dick aufgetragen, sodass das Bild eine leicht reliefartige Wirkung erzeugt. 

Die Arbeiten von Karl Malkmus befinden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen: Kreisstadt Hofheim am Taunus, Main-Taunus-Kreis, Land Hessen und Kunstsammlung Main-Taunus. Er ist 1997 in Hofheim in der Nähe von Frankfurt gestorben.

Text: Anna Greissing

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Martha Jungwirth studierte 1956 bis 1963 an der Universität für angewandte Kunst in Wien. 1968 nahm Otto Breicha sie in die Sezessions-Ausstellung der Gruppe „Wirklichkeiten“ auf, die eine realistische und gesellschaftskritische Malerei vertrat gegenüber den in der Nachkriegszeit vorherrschenden Kunstströmungen des Informel und des Phantastischen Realismus. Die Künstlerin selbst bewegte sich aber stets an der Grenze zwischen abstrakter und gegenständlicher Malerei. Martha Jungwirth beschreibt ihre Bilder als „Seismogramme innerer Zustände“, in ihnen verschmelzen Figuratives und Abstraktes oft zu farbstarken Knäuel und Formen. Wieviel Dinghaftes man darin erkennen mag, überlassen die Bilder der Phantasie und den Assoziationen des/der Betrachter:in.

Das hier abgebildete Werk von Martha Jungwirth im Besitz der Stadt Bregenz gehört zum Frühwerk, der erst spät bekannt gewordenen Wiener Künstlerin. Es ist eine Zeichnung der Serie „Indesit“, benannt nach dem italienischen Küchenhersteller, in der Jungwirth Maschinelles (in diesem Fall verschiedene Haushaltsgeräte) mit Menschlichem (zum Beispiel anatomische Darstellungen) verbindet.

2014 zeigte die Kunsthalle Krems eine Retrospektive der Künstlerin; 2018 widmete ihr die Albertina eine Personale.

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Fritz Krcal (1888-1983) wurde 1888 in Bregenz geboren. Durch seine Freundschaft mit dem Maler Charles Palmié, einem Schüler Claude Monets, kam Krcal in jungen Jahren mit dem Impressionismus und der französischen Tradition der Landschaftsmalerei im Kontakt. 1909 studierte Krcal zunächst an der Kunstakademie in München, wechselte 1911 aber nach Paris, wo er durch die Künstlerkreise um Marc Chagall, Kees van Dongen und Henri Matisse (letzterer wurde auch sein Lehrer) vom Kubismus und Fauvismus inspiriert wurde.

Nach dem Ersten Weltkrieg, den Krcal teils zwangsinterniert in Südfrankreich verbrachte, lebte der Maler ab 1917 in der Schweiz. Es folgten mehrere Studienreisen nach Italien. Durch den Einfluss der pittura metafisica beschäftigt sich Krcal ab den 1920er Jahren mit dem Magischen Realismus, der sein Werk in der Folge weitgehend prägt. So auch bei diesem Bild „Blick durch die Häuser ans Meer“, das sich im Besitz der Stadt Bregenz befindet. Fritz Krcal zeichnet dort in leuchtend flächigen und fein aufeinander abgestimmten Farben eine romantische Szene irgendwo im Süden: ein Fischer verankert sein Segel-Boot am Kai eines kleinen Dorfes zwischen zwei Häusern, deren Fassade von der Abendsonne in orangenes Licht getaucht werden. Eine Wäscheleine mit pastellfarbenen Tüchern ist zwischen beiden Häusern gespannt. Im obersten Fenster erkennt man die Silhouette einer Frau, sie schaut aus dem Bild heraus, nicht auf den Fischer, sondern in die Weite, wie in traumhafter Sehnsucht. Dahinter die Wellen eines azurblauen Meeres mit untergehender Sonne. Der glatte, reingefegte graufarbene Boden samt linker Hauswand geben dem Bild ein bühnenhaftes Erscheinungsbild.

Fritz Krcal malte vor allem Landschaftsbilder und Porträts. Sein Nachlass befindet sich im Vorarlberger Landesmuseum und umfasst 1200 Objekte, davon 400 Gemälde.

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Der österreichische Künstler Ingo Springenschmid wurde 1942 in Salzburg geboren, studierte an der Kunstschule in Linz und an der Akademie für Bildende Künste in Wien, und lebte und arbeitete ab 1970 und bis zu seinem Tod 2016 in Bregenz.

Charakteristisch für sein Werk ist die stets spürbare Verbindung zwischen bildender Kunst und Literatur, die vor allem in den vielfältigen Collagen und Materialbildern des Künstlers zum Ausdruck kommt. Für Springenschmid hatten Literatur und bildende Kunst eine ebenbürtige Wertigkeit, er kreierte visualisierte Texte und vertextete Bilder.  Buchstaben und Wörter waren für Springenschmid Bauteile, mit denen er Texte und Bilder konstruierte. Beim Betrachten seiner Bilder wiederum sollte die Literatur stets mitgedacht werden.

Springenschmid selbst sagt darüber: „Für mich ist die Tätigkeit des Schreibens und des Collagierens völlig identisch. Das Wegnehmen, das Dazutun, das Festkleben. Ich möchte da kein Kunstwerk in Papier machen, für mich ist das einfach wie mit jemandem sprechen. Es ist etwas, das immer veränderbar ist, das immer in Fluss ist - dem Statischen total enthoben“

Im hier vorgestellten Werk „Zweige für Ducasse“ von 1981 nimmt der Künstler offensichtlich Bezug zu dem französischen Sternekoch Alain Ducasse, der ebenfalls Lebenswelten-verbindend neben Starkoch auch noch Schriftsteller, Publizist und Gastro-Manager ist – und der die Verwendung von Lorbeer, Thymian oder anderen Kräutern in der französischen Küche verankerte.

Neben seinem künstlerischen Schaffen schätzt man Springenschmid auch als Kuratur, Kunstpädagoge und Förderer junger Talente. Er hat die Bludenzer Galerie allerArt mitbegründet und war Lehrer am Gymnasium Bludenz, wo er für einige seiner Schüler zum Mentor wurde.

Im Portrait: Ingo Springschmid. Film von Ingrid Adamer.

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Paul Renner, 1957 in Bregenz geboren, lebt und arbeitet in Egg.

Der Zugang zur Kunst des ehemaligen Nitsch-Assistenten ist vielschichtig und holistisch: mit der aktionistischen Verbindung von bildender Kunst, Musik, Literatur und Kulinarik erschafft Renner seit drei Jahrzehnten vielfältige Gesamtkunstwerke, die er zumeist in theatralischen Aufführungen oder kulinarischen Soireen präsentiert. Dabei interessieren ihn Themen wie Dekadenz, das Absurde oder die Abgründe der menschlichen Seele, aber auch unkonventionelle Darstellungen und humorvolle Anspielungen auf historische Gegebenheiten, sehr oft im Kontext von Essen, Kochen und Kulinarik. Renner selbst bezeichnet seine Malerei als „sehr sinnlich“ und sein künstlerisches Schaffen als schon immer mit dem Kochen verbunden.

Höhepunkte seiner Arbeit bilden u.a. das skurrile Bankett „The Hell Fire Dining Club“ in der Kunsthalle Wien 2004 mit 16 kulinarischen Abendveranstaltungen oder das „Theatrum Anatonicum“ 2007 in Bregenz, bei dem Renner eine Holzrippenkonstruktion in der anatomischen Form eines Tierschädels entwarf und zu einem 133 Personen umfassenden „Tempel der Dekadenz“ ausgestaltete; in jüngerer Zeit die 50 Quadratmeter umfassende Wand-Gestaltung des Augustiner-Klosters in Südtirol mit filigranen auf Metallplatten gedruckten Kräutern aus dessen Garten oder der „L’arbero della cuccagna“ 2022 im vorarlberg museum, eine 10 Meter hohe Säule vollbehangen mit Lebensmitteln, die an einen Brauch im Neapel des 18. Jahrhunderts erinnert: die baumartigen Gerüste und ihre hängenden Köstlichkeiten dienten im Karneval für kollektive Fress-Exzesse.

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Der Vorarlberger Grafiker und Maler Fritz Pfister (1924 –1989) ist vor allem als Wegbereiter der Abstraktion in der Vorarlberger Kunstszene der Nachkriegsjahre bekannt. Pfister war nach seinem Studium an der Innsbrucker Malschule von Toni Kirchmayr als freischaffender Künstler sehr vielseitig tätig (Bühnenbildner, Textil-Designer, Kunstglaser, Grafiker, Kunsterzieher); in der Malerei zeigte er früh erste gegenstandslose Tendenzen. Beeinflusst von den Impressionisten, aber auch vom Kubismus und von Malern wie Paul Klee und Johannes Itten, ging es Pfister in seiner Malerei vor allem um das Zusammenspiel von Form und Farbe, wobei er sich in vielen Arbeiten vermehrt der Reduktion auf wenige Formen oder graphische Elemente zuwandte.

Seine 1959 in Öl gemalte Darstellung von Bregenz bei Nacht kann im Kontext der damaligen Vorarlberger Kulturszene als modern bezeichnet werden: die Lichter der Stadt erinnern an computergenerierte Pixel, Himmel und See spiegeln Pfisters Vorliebe fürs Mosaik wieder, die starken Farbflecke des Wassers im Stil einer Collage oder Graphik fügen sich dennoch harmonisch in die flächig gemalte Komposition ein. 
Das Bild wurde 1959 von der Stadt angekauft, nachdem es in der Dornbirner Kunstausstellung gezeigt worden war. Während Pfisters Malerei beim Ausstellungspublikum eher für Befremden gesorgt hatte, bezeichnete Oscar Sandner, der damalige Leiter der Kulturabteilung der Stadt Bregenz, die Bilder Pfisters für „die große Überraschung der Ausstellung“ (Die Kunst des Sammelns, Katalog anlässlich der Sommerausstellung der Landeshauptstadt Bregenz 2020, S.136).

Fritz Pfister gestaltete auch Glasmosaike und Wandbilder für den öffentlichen Raum (ua. 1959/60 mehrere Wandbilder im Eingangsbereich der VS Haselstauden, 1961 ein mehrteiliges Glasmosaik im Eingangsbereich der Sparkasse Dornbirn).

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Hubert Berchtold muss man in Bregenz wohl kaum vorstellen, er gehört zu den wichtigsten Künstlersöhnen der Stadt des vergangenen 20. Jahrhunderts.

1922 in Andelsbuch geboren, studierte Berchtold gleich nach dem Krieg zunächst bei Herbert Boeckl, dann an der Akademie der bildenden Künste bei Josef Dobrowsky, und kehrte 1949 wieder nach Bregenz zurück. In zahlreichen Reisen nach Frankreich, Marokko und va. Spanien in den 1950er und 1960er-Jahren entwickelte Berchtold zunächst va. noch vom deutschen Expressionismus geprägt nach und nach eine eigene Bildsprache, in der er Figuration und Abstraktion in farben- und formenstarken, poetischen Bildern vereinte.

Das hier vorgestellte Werk „Stilleben I“ von 1966 ist Teil einer Serie von „Stilleben mit Flaschen“, denen Anfang der 1960er Jahre die „Insektenserien“ und „Stadtlandschaften“ vorangegangen waren. 1969 folgten u.a. die „Figuren-Raum-Serien“ und die „Etrusker-Serie“. Ab 1973 wandte sich Berchtold besonders in der Auseinandersetzung mit der spanischen Landschaft in Andalusien immer mehr dem Thema Landschaft zu. Dem Beispiel seines Künstlerkollegen Heinz Greissing folgend, richtet sich Hubert Berchtold ab 1975 im südspanischen Ronda ein eigenes Atelier ein, wo er bis zu seinem Tod 1983 jeweils mehrere Monate im Jahr arbeitete. Es entstanden zahlreiche Gouachen und Ölbilder mit landschaftlichen Motiven.

Für das hier dargestellte große „Stilleben I“ von 1966 gewann der Maler im selben Jahr den Hugo-von-Montfort-Preis der Landeshauptstadt Bregenz. In dem sehr flächig gemalten Bild, das sich durch eine starke und doch zarte Farbgebung auszeichnet, verschmelzen Vorder- Mittel und Hintergrund zu einer rhythmisch-poetischen Anordnung von Flaschen und Gefäßen.

Hubert Berchtold ist auch für seine Aufträge im öffentlichen Raum und die Gestaltung von Glasfenstern für sakrale Räume bekannt. Sein letztes großes Werk im öffentlichen Raum ist die Gestaltung des Festsaals des Vorarlberger Landhauses durch einen Bilderfries aus 51 Bildtafeln, in der er eine Art imaginärer Landschaft realisierte.

Im Sommer 2013 widmete ihm das Palais Thurn und Taxis in Bregenz eine große Retrospektive.

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Der Tod ist ein predominantes Thema im Werk des 1957 in Hörbranz geborenen Malers und Bildhauers Christoph Lissy.

Schon früh in seinem Leben wird der Künstler mit dem Thema Tod und Verlust konfrontiert (sein Vater starb als Lissy 12 Monate alt war). Später, im Jahr 2006, machte Lissy selbst aufgrund einer Hirnblutung beinahe die Bekanntschaft mit dem Tod. Er nennt es „Nahtod-Erfahrung mit Wiederauferstehung“. Statt wie befürchtet ein Pflegefall zu werden, wurde Lissy wieder gesund. Dieses Erlebnis verarbeitete er in den Jahren danach und seitdem immer wieder künstlerisch, wie etwa in der Serie „Heilung der Gebeine“. Darin thematisiert er aber nicht mehr direkt den Tod, sondern bereits die Überwindung dessen – den Prozess der Genesung.

In seinem 2015 entstandenen Bild „Heilung der Gebeine # 132“ feiert Lissy das Leben und die Schöpfung – und zeigt auch seine Dankbarkeit dafür, überlebt zu haben. Die Wirbelsäule-ähnlichen Knochenverbindungen verkörpern die Gebeine. Diese liegen gebrochen danieder, dazwischen steht der goldene Scarabäus – der heilige Käfer, bei den Ägyptern Sinnbild für Reichtum und ein gutes Leben. „Der Scarabäus krabbelt über die Gebeine und heilt sie“, so Lissy.

Man könnte in den  wurmartigen Knochenfortsätzen auch DNA-Stränge erkennen, die in Aneinanderreihung mit dem Käfer und der Silhouette eines Menschen (Mensch–DNA–Käfer–DNA) die Verbundenheit allen Lebens und die Kontinuität der Evolution versinnbildlichen. Dabei fallen (mir) die Proportionen im Bild ins Auge: Der Mensch ist hier nicht viel größer als seine Einzelteile und v. a. als das Tier. Er steht auf einer Ebene mit ihm – eine Einsicht, die der Mensch in seinem Überlegenheitsglauben gegenüber den anderen Tieren unseres Planeten leider nicht zu respektieren scheint.

Vielleicht stehen angesichts der Lebensgeschichte von Lissy – der von sich selbst sagt, dass er starb, um danach von seinem Schutzengel wieder zurück ins Leben geschickt zu werden – die beiden Knochenteile auch symbolisch für das Leben davor und danach, verbunden durch die Kraft der göttlichen Schöpfung in Gestalt des Scarabäus.

Text: Anna Greissing

Kurzbio:
Christoph Lissy, geboren am 28. Dezember 1957 in Hörbranz am Bodensee
1980 Freie Kunstschule Stuttgart. Von 1980 bis 1987 Studium an der Akademie der Bildenden Künste, Meisterklasse für Bildhauerei bei Prof. Bruno Gironcoli in Wien. Ab 1989 Einzel- und Gruppenausstellungen in Vorarlberg (Bregenz, Feldkirch, Mürzzuschlag u. a.)
1994 Ausstellungsabteilung im Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis, Bregenz
2012 "The name is BURROUGHS, Expanded Media": Ausstellung im Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM), Karlsruhe
2019 zeigte das vorarlberg museum die Ausstellung „Meine acht Väter“

Christoph Lissy ist auch für seine Stahlskulpturen bekannt. Der Künstler lebt und arbeitet in Wien und Hörbranz.

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Das H-Gleis ist eine der ersten wichtigen Arbeiten des 2020 verstorbenen Vorarlberger Malers Heinz Greissing (1933-2020), die nach seinem Abschluss 1964 an der Akademie der Bildenden Künste in Wien entstand.

Nach dem Besuch der Sommerakademie 1956 in Salzburg bei Oskar Kokoschka studierte Greissing in Wien bei Robin Christian Andersen und Herbert Boeckl. Nach dem Diplom 1964 absolvierte er ein Semester in der Bildhauerklasse bei Fritz Wotruba. 1965 nahm er erstmals bei einem Wettbewerb teil: sein „H-Gleis“ wurde beim Internationalen Wettbewerb „Linz heute“ prämiert und in der Folge von der Stadt Bregenz angekauft.

Auch wenn das Bild heute völlig untypisch für Heinz Greissing ist, zeigt es doch das schon damals erkennbare Interesse des Malers für Perspektiven und Raumverdichtungen, was später zu seinen multidimensionalen Streifenbildern führen sollte. Das „H-Gleis“ zeigt den Durchblick auf ein Zuggleis am Industriegelände der Vöst Linz. Oscar Sandner, langjähriger Freund und Kunstkritiker Greissings, schrieb 1983 in seinem Artikel „Vorwärts zu Cézanne oder Malen gegen den Wind“, der Maler habe das Bild „gelten lassen“. Jedenfalls hat Greissing schon in dieses Bild seine später berühmten Streifen gesetzt.

Die Verwendung von Streifen als Mittel zur Darstellung entwickelte Greissing vor allem in der Beschäftigung mit der Landschaft Südspaniens, in der er ab den 1970er Jahren - vorzugsweise vor dem Motiv („en plein air“) stehend - malte. In seine Streifenbildern kombinierte Greissing mehrere Ansichten (z. B. Vor- und Rückansicht) eines Objekts oder integrierte mehrere Zeitebenen, indem er dasselbe Motiv in wechselnden Lichtverhältnissen (etwa an unterschiedlichen Tagen) malte. So entstanden zum Beispiel seine „Rund-um-Ansichten“ eines Themas (siehe Bild anbei). Der Kunstkritiker Otto Breicha schrieb dazu anlässlich der Einzelausstellung Greissings 2013 im Künstlerhaus Thurn und Taxis in Bregenz: „Wer das malt, was er vor sich hat, ist sich (auch) dessen bewusst, dem er den Rücken zukehrt: Heinz Greissing hat daraus die gehörigen bildnerischen Konsequenzen gezogen, wenn er die Gegend um das südspanische Ronda malt. Darum komprimiert er auf rechteckiger Bildfläche Rundblicke, aber gestaffelt und ineinander verschränkt; als Streifenbilder, die Hinsicht und Rückblick kombinieren und so auf ihre Art der vormals alleinseligmachenden Zentralperspektive zuwiderhandeln.“ (Otto Breicha, Aus: Landschaft als Möglichkeit, 2013).

Heinz Greissing schreibt selbst zu seinen Streifenbildern: “Ich mach auch Streifenbilder, um ein paar Schritte weiterzugehen. Zum Beispiel : « Zwei Schritte zur Nacht ». Oder, um eine Stadt oder einen Kopf von zwei Seiten zu malen. Das kann eine Verdichtung bedeuten, indem ich « beide Seiten » zeige. Auch sind, wenn als trennendes Sujet (« Ich in der Landschaft »), die Streifen nützlich, von hinten bis zu mir, und von mir weg nach vorne. Manchmal sind sie mir Lichtträger, « über den Tag hin ». Dann werfe ich - wie ein Fakir sein Seil - die Streifen in die Lüfte. Ich ummale mit ihnen Berge, Täler. Mit Streifen male ich die Meister um. Mit Streifen mal ich ab und zu rundum.“ (Heinz Greissing, 1990).

Greissing lebte und malte neben Spanien vor allem in Vorarlberg, wo er ab den 1970er Jahren einen Wohnsitz samt Atelier am Pfänder besaß. Seine Hauptmotive waren der Bodensee und die umliegenden Berglandschaften. Er ist im Ländle aber auch als Portraitmaler bekannt. 2021 würdigte ihn das vorarlberg museum posthum mit der Ausstellung „Malen am Atlantik - letzte Bilder“.

Text: Anna Greissing

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Rafet Jonuzi (*1964 in Pristina), auch unter dem Namen „Barth-I (Rafet) Jonuzi-T“ bekannt, ist ein aus dem Kosovo stammender freischaffender Künstler, der seit dem Jahr 2000 in Vorarlberg lebt und arbeitet. In seinem Schaffen beschäftigt sich Jonuzi seit vielen Jahren mit fundamentalen Themen unserer Existenz – wie der Entstehung der Welt und der Beschaffenheit des Universums. In seinen Zeichnungen verbildlicht er den Prozess der Entstehung aus dem Chaos heraus. Bereits 2010 präsentierte Jonuzi in der Ausstellung „Universum 391” großformatige Zeichnungen zu diesem Thema. Das hier vorgestellte Bild im Besitz der Stadt Bregenz mit dem Titel „Universum in Evolution“ entstand 2012 im Zusammenhang mit einer Einzelausstellung Jonuzis im Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis.

Mit Farbe und Tusche, die er in mehreren Schichten auf französisches Spezialpapier spritzt, entstehen seine Bilder selbst in einer fortlaufenden Entwicklung, reflektieren die werdende Form des Universums. Im Zentrum der Zeichnung „Universum in Evolution“ steht die Form aus blauer Tusche wie eine sich ausdehnende Materie (man könnte aber auch einen Urfisch aus dem Weltmeer darin erkennen) - sie symbolisiert den Urknall als noch ungeformten Zustand, die Evolution als Prozess in ständiger Veränderung. Ein Vielzahl an Punkten markieren die Gestirne, ihre verschiedenen Farben und Größen stehen für unterschiedliche Entfernungen, die Löcher sind womöglich Durchbrüche zu anderen Galaxien.

Rafet Jonuzi: „In meiner Arbeit versuche ich, Literatur, Philosophie, Wissenschaft und Kunst zusammenzuführen. „Universe in Evolution” ist ein Universum, das sich ständig weiterentwickelt. Leben entsteht und vergeht, kommt und geht, verschwindet, existiert nicht mehr, hinterlässt aber Spuren. Den Menschen selbst (der Körper, die DNA, das Blut etc.) sehe ich als ein Gebilde, das aus verschiedenen Kräften des Universums besteht, und so verstehe ich auch den Schaffensprozess (die Entstehung einer Arbeit vom Entwurf bis zur Endproduktion) als etwas, das durch die unterschiedlichen Einflüsse der uns umgebenden Umwelt entsteht – in bewussten aber auch unbewussten Handlungen. Wir können unsere Intelligenz nicht begreifen oder verstehen, sie funktioniert aus sich selbst heraus. Dadurch sind wir – wie das Universum selbst – ständigem Wandel unterworfen.“

2020 nahm Rafet Jonuzi an der Sommerausstellung im Künstlerhaus Thurn & Taxis (Die Kunst der Sammelns. Einblicke in die Städtische Kunstsammlung) in Bregenz teil. Bis 14. Jänner 2023 war er im Bildraum Bodensee bei der Ausstellung „Welcome my Deer | Tierkunst : Kunsttier“ sehen.

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Das Bild „Elternhaus Wackers, Römerstraße 24“ der Vorarlberger Künstlerin Alexandra Wacker (1958 in Bregenz geboren) wurde erst im vergangenen Herbst von der Stadt Bregenz angekauft. Es entstand 2019 anlässlich der Sommerausstellung der Stadt Bregenz im Palais Thurn und Taxis, die der Künstlerin gewidmet war und bei der sie ua. auf ihre Familiengeschichte Bezug nahm.

Die Villa der Familie Wacker war ca. 1900 von ihrem Urgroßvater und erfolgreichen Bregenzer Baumeister Romedius Wacker erbaut worden. Alexandra Wackers berühmter Großvater Rudolf Wacker wuchs dort auf, sein Atelier befand sich oben im Turm. Auch Alexandra Wacker lebte in dem Haus bis sie zum Studium an der Akademie der bildenden Künste nach Wien ging.

Heute steht die Villa in der Römerstraße unter Denkmalschutz und ist im Besitz des Landes Vorarlberg.

Das Bild von Alexandra Wacker zeigt die Villa in ihrem Originalzustand, sie hat es auf Basis eines Fotos in Grautönen in Öl gemalt. Übers Bild verstreut (va. im Himmel und um das Haus herum) finden sich die für die Künstlerin typischen Lichtpunkte (Spritztechnik), die -der Jahreszeit entsprechend- hier als Schneefall über dem Haus gesehen werden könnten. Alexandra Wacker bedient sich der Licht-Spritzer aber oft auch in ihren Landschaften, um besondere Stimmungseffekte und Lichtverhältnisse zu kreieren, die der Pinsel allein nicht erzeugen könnte. Die Künstlerin will damit „den Zufall mit ins Spiel bringen“, wie sie sagt. Ebenso wie die häufige Reduktion auf schwarz-weiß und Grautöne erzeugen die Lichteffekte in Alexandra Wackers Landschaften eine mystische, geheimnisvolle Atmosphäre. Der Akzent auf die Darstellung von Natur und Landschaftsthemen in ihrem Werk, va. Bäume, Wald und Wasser, verdeutlicht den starken Bezug der Künstlerin zur Natur. Ihre Bilder sind trotz der dunklen Farbgebung durchzogen von flimmerndem Licht und hellen Akzenten und entführen den Betrachter in traumbildhafte Welten.

Auch Portraits nehmen in ihrem Schaffen einen bedeutenden Platz ein. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Wien und in Bregenz.

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Das 1960 gemalte Bild mit dem Titel „Informell“ steht exemplarisch für das Werk der 1919 in Kärnten geborenen Malerin Maria Lassnig. Sie gilt heute als eine der bedeutendsten Künstlerinnen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und wichtigste Vertreterin der informellen Kunst in Österreich. Mit dieser Richtung innerhalb der abstrakten Malerei war Lassnig Anfang der 1950er-Jahre in Kontakt gekommen, als sie einige Monate in Paris verbrachte und prägende Begegnungen mit der französischen „art informel“ und dem Tachismus hatte, aber auch mit dem abstrakten Expressionismus amerikanischer Maler wie Jackson Pollock und George Mathieu.

Inspiriert von der Idee der Befreiung vom Gegenständlichen und Beabsichtigten und dem „Prinzip der Formlosigkeit“, experimentiert Lassnig schon früh in ihren Bildern damit, Gefühle und das unbewusste Empfinden unter Vermeidung jeder rationalen Kontrolle mithilfe von Farbe auf die Leinwand zu übertragen. Ihre oft mit surrealen Elementen angereicherten Portraits und (Selbst)bildnisse vor allem des weiblichen Körpers, wie das hier vorgestellte Bild von 1960, zeigen neuartige Darstellungen von Körperlichkeit, in denen die Künstlerin feministische Body-Art und den Wiener Aktionismus gewissermaßen vorwegnahm. In den 1970er Jahren prägte Lassnig den Begriff „body awareness“: nicht der ‚Gegenstand’ Körper interessierte sie, sondern die ‚Empfindungen’ des Körpers“, nicht das Objekt, sondern das Subjekt, die Auflösung der Grenzen zwischen Innen und Außen.

In einer Tagebucheintragung schrieb die Künstlerin in diesem Zusammenhang: „Ich trete gleichsam nackt vor die Leinwand, ohne Absicht, ohne Planung, ohne Modell, ohne Fotografie, und lasse entstehen. Doch habe ich einen Ausgangspunkt, der aus der Erkenntnis entstand, daß das einzig wirklich Reale meine Gefühle sind, die sich innerhalb des Körpergehäuses abspielen: physiologischer Natur, Druckgefühl beim Sitzen und Liegen, Spannungs- und räumliche Ausdehungsgefühle – ziemlich schwierig darstellbare Dinge.“(Maria Lassnig, Die Feder ist die Schwester des Pinsels. Tagebücher 1943 bis 1997, hg. v. Hans Ulrich Obrist, Köln 2000, S. 74.)

In ihren frühen Bildern der 1950er und 1960er-Jahre sind Körper und Köpfe oft auf Farbflächen reduziert. Lassnig sprach zB. von „Schmerz- und Qualfarben“, von „Nervenstrang- und Krebsangstfarben“. Ihren StudentInnen der Hochschule für angewandte Kunst (wo sie 1980 als erste Frau im deutschsprachigen Raum eine Professur in Malerei hielt), empfahl sie, während des Malens nicht auf die Leinwände zu schauen. Zu sehr würde das Gesehene von den Empfindungen ablenken. Sie selbst richtete während der Arbeit ihren Blick nach innen, um ihren Körper schlussendlich auf der Leinwand von außen „darzustellen“. 

In den 1980er Jahren wurden die Selbstbildnisse der Künstlerin immer radikaler. Lassnig malte sich beispielsweise als Knödel oder als Rechenmaschine, so zB. im Sciencefiction-Selbstporträt von 1980 (Öl auf Leinwand, 76 × 64 cm). 

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Rudolf Wacker (*Bregenz 1893-1939 ebenda) zählt zu den bedeutendsten österreichischen Vertretern der Neuen Sachlichkeit und ist wohl der berühmteste Künstlersohn der Stadt Bregenz, der noch den ersten Weltkrieg miterleben musste. Dennoch war Wacker, als er 1939 mit nur 46 Jahren nach einem Herzanfall als Folge eines Kreuzverhörs durch die Gestapo starb, arm und sein Werk hatte zu wenig Anerkennung gefunden.

Das Grauen des Krieges und die Erlebnisse während seiner Zeit in Kriegsgefangenschaft von 1916 bis 1920, in der Wacker trotz der Widrigkeiten vor allem Graphiken und Zeichnungen herstellte, prägten seine künstlerische Entwicklung in der Tradition des Expressionismus. Nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft lebte Wacker einige Jahre in Berlin, bevor er 1924 in seine Heimatstadt zurückkehrte und sich ganz der Malerei verschrieb. Das Vorarlberger Landesmuseum hatte im Sommer 1923 eine erste größere Ausstellung für den Künstler ausgerichtet. Anlässlich dieses Ereignisses verfasste Rudolf Wacker die „Direktiven für eine Kritik“, in denen er seinen Stilwandel vom Expressionismus zur Neuen Sachlichkeit beschrieb.

1926 gründet Wacker gemeinsam mit anderen Künstlern der Bodenseeregion die Gruppe “Der Kreis”. In einem Tagebucheintrag vom 15. Februar 1926 schrieb der Künstler folgendes über dessen Intention: „Ich möchte Menschen (wie schließlich ebenso alle Dinge!) so malen, dass sie für den Betrachter des Bildes „wie greifbar“ vor ihm stehen, dass sie ihn förmlich erschrecken durch ihre Wirklichkeit. Wir wollen die Dinge entschleiern, ihre nackte Realität ist geheimnisvoll genug. Und: die Vision des Augenblicks bewahrend, eine strenge und feste Malerei machen, die nicht zum Träumen reizt und der Phantasie keine Lücke lässt!“ Neben Landschaften und Stillleben malte Wacker vor allem Portraits. Das hier vorgestellte Selbstportrait im Besitz der Stadt Bregenz entstand 1927. Es zeigt bereits die am Realismus orientierte Formensprache und Farbigkeit der Neuen Sachlichkeit, die der Maler auch bei seinen Landschaften und Stillleben meisterlich zeigte.

Die finanzielle Situation des Künstlers blieb aber Zeit seines Lebens angespannt. 1928 erst kaufte ein Museum in Ulm sowie das Bregenzer Landesmuseum erstmals ein Bild des Künstlers an. Seine Teilnahme an der Biennale in Venedig 1936 gilt als größter Ausstellungs-Erfolg. Von 1934 bis 1938 war Wacker Dozent an der Bregenzer Gewerbeschule, nur ein Jahr später starb er an einem Herzversagen.

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Christian Ludwig Attersee (eigentlich Cristian Ludwig, geboren 1940 in Pressburg) ist sicherlich jedem kunstinteressierten Menschen in Österreich ein Begriff,- und das nicht nur dank seines klugen Pseudonyms, das auf seine Segelleidenschaft und -erfolge verweist (Attersee war mehrmals österreichischer Staatsmeister). Seine Bekanntheit ist vor allem der Vielseitigkeit seines künstlerischen Schaffens geschuldet. Attersee machte sich nicht nur als bildender Künstler, sondern auch als Musiker, Schriftsteller, Objektmacher, Designer, Bühnenbildner und Filmemacher einen Namen. Er zählt heute zu den international bekanntesten österreichischen Malern und bedeutendsten Vertreter der gegenständlichen Malerei Europas der letzten 50 Jahre. Attersee lebt in Wien und am Semmering.

Nach Abschluss seiner Studien im Jahr 1963 an der Akademie für angewandte Kunst in Wien beteiligte Attersee sich zunächst an Veranstaltungen des Wiener Aktionismus, widmete sich aber mit seinen so genannten „Gegenstandserfindungen“ (oft erotisch inspirieret) auch immer mehr dem Genre „Pop Art“. In der zweiten Hälfte der 70er Jahre ist Attersee - bereits Gegenpol zum Wiener Aktionismus - Mitbegründer der „Neuen österreichischen Malerei“ und der sogenannten „Neuen Wilden“ in Deutschland. Aus dieser Zeit stammt auch das Werk „Appetitbuch“, dass wir Ihnen hier vorstellen. Wie bei vielen anderen Arbeiten Attersees der 1960er und 70er Jahre mischt der Künstler hier Gegenständliches mit Abstraktem und versetzt sie mit surrealen Elementen. Damit – und durch die zusätzliche Einbindung von Malerei, Zeichnung, Graphik, Sprache oder Fotografie – schafft Attersee farbenprächtige und lustvoll-verrückte Kunst. Die Themen seiner Bilder bezieht er gerne aus dem Alltag und der Konsumindustrie: vielfach geht es ums Essen und den Genuss. In Bildern mit Titeln wie „Servierlustkatze“ (1974), „Butterbrot mit Rehflocken“ (1974/75) oder dem hier vorgestellten „Appetitbuch“ (1976) kombiniert der Maler erkennbare, aber vielfach verzerrte oder entstellte Motive wie Lebensmittel, menschliche Körperteile, tierische Konterfeite und geometrische oder dekorative Formen miteinander zu surrealen, oft gruselig-skurril anmutenden Bilderwelten voll von Phantasie, Farbe und Ausdruckskraft.

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Das Werk von Hubert Berchtold stammt aus seiner Serie der Stillleben mit Flaschen, die ab den 1960er Jahren entstand. Berchtold entwickelte dabei, zusammen mit der Insekten- und später der Etrusker-Serie, eine eigenständige Bildsprache, in der sich Figuratives und Abstraktes zu starkfarbigen Figuren und Raumgebilden zusammenfügt. Mit der für den Künstler typischen Flächigkeit des Bildes und der Berücksichtigung von Schatten setzt der Maler räumliche Akzente und schafft dynamische Kompositionen, die Gegenstände und Figuren in Bewegung zu setzen scheinen und auch das Interesse des Künstlers am menschlichen Körper vorwegnehmen.  

Als künstlerisches Thema sind seine Zusammenstellungen mit Flaschen vor einem mehrfarbigen Hintergrund neben dem Einfluss seines Lehrers Boeckl wohl auch durch die Reisen nach Ronda in Südspanien inspiriert, wohin ihn sein Malerkollege Heinz Greissing 1973 erstmals einlud. 1975 richtete sich Berchtold selbst ein Atelier in Ronda ein, in dem er neben seinem Wohnsitz in Bregenz zeitweise arbeitete. Die Beschäftigung mit der Landschaft Andalusiens brachte eine neue Hinwendung Berchtolds zu landschaftlichen Motiven, es entstanden zahlreiche Gouachen und Ölbilder. Neben der Malerei übernahm Hubert Berchtold auch zahlreiche Aufträge für den öffentlichen Raum und die Gestaltung von Glasfenstern für sakrale Räume vor allem in Vorarlberg.

Sein letztes großes Werk im öffentlichen Raum ist die Gestaltung des Festsaals des Vorarlberger Landhauses durch einen Bilderfries aus 51 Bildtafeln, in der er eine Art imaginärer Landschaft realisierte. 

Kurzbiografie Hubert Berchtold
Hubert Berchtold (1922-1982), geboren in Andelsbuch, Bregenzerwald. Studium bei Opsomer und Permeke in Antwerpen und an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Dobrowsky und Boeckl. Wichtige Studienreisen nach Südspanien, Frankreich, Nord-und Westafrika, Sizilien, Schweden und Israel. Lebte und arbeitete hauptsächlich in Bregenz und Südspanien (Ronda). Mehrere Ausstellungen im In- und Ausland. Als Künstler und als Persönlichkeit hat Hubert Berchtold die Vorarlberger Kulturlandschaft nach 1945 maßgeblich mitgeprägt.

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Die Hinterfragung des Konzepts von Autorenschaft und der Idee des „Readymade“, sowie das Spannungsverhältnis zwischen Natur und Kunst bzw. zwischen Stillstand und Mobilität beschäftigen Gottfried Bechtold schon seit vielen Jahren. Künstlerische Experimente, bei denen Bechtold gegensätzliche Materialien und Funktionalitäten (Holz/Eisen, Beton/Automotor, Natur/Kunst, Stillstand/Mobilität, etc) zu neuen Formen zusammenschweißt, kennzeichnen das Werk des in Hörbranz und Bregenz lebenden Malers und Bildhauers.

Auch in dem Bild „Fundstück“ spielt der Künstler auf die Beziehung zwischen Autorenschaft und Objekt an und thematisiert die Idee des „objet trouvés“ als Kunstwerk. Aus zwei von Bechtold am gleichen Tag, aber an unterschiedlichen Orten gefundenen Teilen aus antagonistischen Materialien (ein großer Holzklotz, gefunden beim Sägewerk in Hörbranz, und eine kleinere dünne Eisenplatte, gefunden an der Werft in Fussach), konstruiert er mithilfe einer Schraube einen dritten Gegenstand, das „Fundobjekt“. Die Frage, die er damit zu beantworten scheint, ist: Werden zwei zufällig gefundene Objekte zur Kunst, wenn man sie „künstlerisch“ verbindet? Jedenfalls steht die Arbeit im Zeichen der Philosophie des Künstlers (die, wie er selbst sagt, von Marcel Duchamp inspiriert ist), „keine neuen Dinge der Welt hinzuzufügen, sondern Dinge miteinander zu kombinieren und in eine neue Ordnung zu bringen“ – und ist damit nebenbei auch eine Kritik am heutigen Turbokapitalismus und Credo des unaufhörlichen Wirtschaftswachstums.

Kurzbiografie Gottfried Bechtold
1947 geboren in Bregenz; Steinmetzausbildung in Hallein; Längere Aufenthalte in Great Britain, USA, Canada; 1973/74 Visiting Artist am Nova Scotia College of Art and Design in Halifax, Kanada; Visiting professor an der Cornell University, Ithaca, USA und der Karl-Franzens-Universität, Graz, Österreich; lebt und arbeitet in Hörbranz. Seit nun mehr als 50 Jahren beschäftigt er sich im Wesentlichen mit der Erweiterung des Kunstbegriffs, vor allem im Bereich des Skulpturalen.

Vom 20. Juli bis 2. Oktober 2022 und aus Anlass des 75. Geburtstags des Künstlers zeigt das Magazin 4 die Ausstellung „Taurus-Signatur 22“, in der die Signatur-Projekte von Gottfried Bechtold zum ersten Mal in ihrer Ganzheit dokumentarisch präsentiert werden. 

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Stefanie Steinmayer ist eine 1966 in Augsburg geborene Künstlerin, die seit 1991 in Lindau ansässig ist. 1998 gründete sie dort das „Atelier Stefanie Steinmayer“, in dem sie neben Zeichnungen unter anderem auch Präge-Grafiken, Drucke und andere Geschenkartikel (Poster, Postkarten etc.) herstellt. Dabei arbeitet die Künstlerin mit handgeschöpftem Büttenpapier, welches bemalt, lackiert und vergoldet wird. Außerdem hat Steinmayer mehrere Kinderbücher illustriert, seit 2007 gestaltete sie in Zusammenarbeit mit Michael Weiss Künstler-Verpackungen für die Chocolaterie und Confiserie des Traditionsbetriebs “weber&weiss” in Friedrichshafen.

Das von der Stadt Bregenz angekaufte Bild „Das Sommerherz II“ von 1996 zeigt ein großes vergoldetes, rot eingerahmtes Herz umgeben von einem bunten Sammelsurium an fließenden Formen mit unterschiedlichen Mustern und Farben. Rechts unten könnte der nach gegenständlichen Inhalten suchende Betrachter ein paar Vogelfüße erkennen. Vielleicht trägt der Vogel der Liebe ein durch die Farben und Hitze des Sommers aufgehendes Herz?

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Der deutsche Landschaftsmaler und Zeichenlehrer Hermann Rettberg (*1900 Darmstadt, † 1992 Bregenz) studierte ab 1924 Malerei und Zeichnung an der Akademie in Berlin. Anschließend arbeitete er als Lehrer an verschiedenen Schulen in Deutschland, aber auch in Bulgarien (Sofia) und in der Türkei (Istanbul). Angesichts des bevorstehenden Ausbruchs des 2.Weltkriegs musste Hermann Rettberg die Türkei verlassen und kam nach Wien, von wo aus er mit seiner Familie 1945 nach Vorarlberg flüchtete und sich im Bregenzer Wald niederließ. In der Folge unterrichtete er in Feldkirch und in Bregenz bis zu seiner Pensionierung 1966. Rettberg war auch Mitglied des Bregenzer Kunstvereins. 1992 starb der Maler in Bregenz. 2011 widmete ihm die Volksschule Mellau eine Sommerausstellung.

Rettberg malte vor allem Aquarelle, aber auch Ölbilder, die Motive waren dabei die See- und Berglandschaften um den Bodensee und im Bregenzer Wald. Seine Bilder tragen Titel wie „Blick auf die Kanisfluh“, „Hirsch“ ( ein neben Hirschkühen rufender Hirsch im dunstigem Licht des anbrechenden Tages), „Am Rhein-Holz bei Gaissau“, oder „Winterliches Uferstück am Bodensee mit Schilf und Möwen“. Seine Malerei ist dem Naturalismus verhaftet, die aber dennoch – wie auf dem hier vorgestellten Werk „Abend am Bodensee“ - durchaus poetisch wirken kann. Das Aquarell ist in wunderschönen warmen pastellfarbenen Braun- und Gelbtönen gehalten und zeigt ein Uferstück mit ins Wasser hineinragenden Landzungen, die im Hintergrund zu einer Schilf-Landschaft zerfließen.
 

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Der Maler Georg Ligges (*1886 in Paderborn, Nordrhein-Westfalen; † in Bregenz 1944) studierte ab 1904 an der Kunstgewerbeschule in Köln, dann an der Akademie der Bildenden Künste in München (1910 - 1914 und dann wieder nach Kriegsende). Im 1. Weltkrieg schuf er als Soldat an der Westfront in Frankreich und Belgien ausdrucksstarke Bilder, die sich heute im Besitz des vorarlberg museums befinden und dort auch 2015 in einer dem Maler gewidmeten Schau gezeigt wurden. Studienreisen führten Georg Ligges nach Ostpreußen, Tirol und Italien. 

In künstlerischer Hinsicht bildeten die Reisen nach Ischia und Capri in den 1920er-Jahren wichtige Stationen. 1927 wurde er in Bregenz ansässig, wo er die Schwester des Malers Oswald Baer heiratete und in der Folge bis 1944 als Professor für Kunsterziehung am Bundesgymnasium in Bregenz tätig war. So hat er unter anderem spätere Künstler wie Herbert Berchtold gefördert. 1934 erhielt er den Staatspreis. 

Als begeisterter Freilichtmaler galt Georg Ligges besondere Aufmerksamkeit der Landschaft, zu seinen Hauptthemen zählte die Bodenseeregion. 

Das hier abgebildete Aquarell unbekannten Datums (vermutlich zwischen 1927 und 1944 entstanden), das sich im Besitz der Stadt Bregenz befindet, zeigt in Ufernähe liegende Segelboote. Im Stil der klassischen Moderne gemalt besticht das Aquarell durch seine Zartheit und Sensibilität in der Farbgebung und beim Lichterspiel im Wasser.

 

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Helmuth Fetz (* 1928 in Thüringen bei Bludenz, † 2010 in Ried im Innkreis), war einer der bekanntesten Vertreter des phantastischen Realismus in Österreich. Er lebte in Wien und in Bregenz, wo er ab 1964 Gründungsmitglied des Bregenzer Kreises war (Mitglieder ua. Erich Smodics und Rudolf Zündel) und in der Folge die Galerie „Kunstlädele“ leitete. Durch die Begegnung mit den Werken der beiden in Bregenz arbeitenden Maler Rudolf Wacker und Herbert Reyl-Hanisch kam Helmuth Fetz mit der Neuen Sachlichkeit in Berührung und wurde in der Folge Vertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus sowie der naiven Malerei.

 

In dieser Tradition stehen auch die 12 Bilder des „Jahreszyklus“, die Helmuth Fetz zwischen 1969 und 1973 gemalt hat und die sich als Gesamtwerk im Besitz der Stadt Bregenz befinden. Im Herbst 2021 haben wir bereits das Bild „September“ vorgestellt, das eine für den phantastischen Realismus charakteristische Landschaft zeigt, die mit surrealen Elementen versetzt ist. Auch im hier präsentierten Werk „April“ bedient sich Fetz eines für die Neue Sachlichkeit charakteristischen Bildtypus – das „Fensterbild“: der Betrachter schaut wie aus einem Innenraum heraus durch ein geöffnetes Fenster in einen frühlingshaften Garten, in dem blühende Bäume und eine Holzhütte stehen. Zusätzlich baut der Maler mehrere phantastische Details in die Szene ein: Als dominantes Motiv im Vordergrund sieht man zwei Laden eines am Fenster stehenden Möbelstücks, auf dem der erste Fensterrahmen zu sitzen scheint, der den Blick in den Garten freigibt. Dahinter befindet sich ein weiterer größerer Fensterrahmen, der wie eine Erweiterung des ersten wirkt, jedoch teilweise durchbrochen ist von drei senkrecht verlaufenden breiten Balken, die eine Absperrung oder Barriere zur Außenwelt bilden. Ist der Blick ins Freie vielleicht nur eine Illusion?

Der im Hintergrund zart durchschimmernde Kirchturm (durch die charakteristische Fassade als Wiener Stephansdom identifizierbar) erscheint wie ein märchenhaftes Traummotiv einer fernen Stadt, die im Kontrast zur im Vordergrund gezeigten Natur steht.

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Günter Gruber (*1947)

Günter Gruber, 1947 in Bregenz geboren, ist gelernter Lithograph und Graphiker, der mit Ende der 1960er Jahre zur Kunst kam und seit 1981 als freischaffender Künstler tätig ist. Seine ganz persönliche Sicht auf die Welt zeigt er in realistisch mitunter surrealistisch anmutenden Bildern. Hauptmotive sind vor allem der menschliche Körper, aber auch die Natur, vor allem Landschaften und Blumen-Stilleben. Das von der Stadt Bregenz angekaufte Bild „Magnolienstudie“ gehört zu seinem Frühwerk. Es zeigt eine Magnolienblüte in Tusche mit Aquarell laviert.  Die zarte Lichtgebung im Hintergrund kontrastiert mit den eher dunkel gehaltenen Knospen der Magnolie, die wie von einem Windhauch nach hinten bewegt werden. Auffällig ist die stark herausgearbeitete Verknöcherung des vorderen Astes, das als surrealistisches Detail etwa an eine Spinne oder ein Skelett erinnert. Auch später hat sich Gruber in seinen Arbeiten gerne mit dem Unbewussten und der Vergänglichkeit beschäftigt. 

Günter Gruber hat neben Ölbildern und lithographischen Arbeiten auch Federzeichnungen hervorgebracht. Einige dieser Zeichnungen zeigte der Künstler erstmals vor nur wenigen Jahren, im Oktober 2019, in der alten Seifenfabrik in Lauterach, die dem Maler bereits mehrere Ausstellungen gewidmet hat.

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Werner Marxx Bosch (* Lustenau 1958)

Das Bild „Fraktalevolution F10“ (C-Print auf Leinwand, 151,5 x 101,5 cm, 2012) ist eines von 25 Werken, die der 1958 geborene Lustenauer Kunstschaffende und Galerist Werner Marxx Bosch im Rahmen seines Werkszyklus „Fractalmalerei“ im Jahr 2012 geschaffen hat. Die am Computer generierten Arbeiten, denen fraktale Algorithmen zugrunde liegen, entstanden aus der Beschäftigung des Künstlers mit der digitalen Welt und ihrer Entsprechung in der experimentellen Malerei, der sich Bosch seit bereits gut 15 Jahren vermehrt zuwendet. Während er zu Studienzeiten an der Universität für angewandte Kunst in Wien (beeinflusst durch seine Lehrer, allen voran Peter Weibel, Oswald Oberhuber und Wilhelm Cermak) weitgehend gegenständlich arbeitete, interessierte sich Bosch bald für die abstrakte Kunst und in der Folge für eine ganz neue Art der Produktion von computerbasierten Bildern. Die aus der Serie von 2012 entstandenen fraktalen Bilder werden zwar mithilfe von speziellen Computerprogrammen generiert, jedoch von Bosch individuell bestimmt, ausgewählt und künstlerisch weiterentwickelt. Das Resultat sind Farb- und Formvariationen, Farbcluster enormer Intensität, die von den Formen der Natur inspiriert sind und diese in digitale, zahlenbasierte Malerei übersetzt. Fraktale Erscheinungsformen (Wiederholungen einer bestimmten Struktur in sich selbst) finden sich häufig in der Natur (z. B. die Blätter von Farnen, die Röschen beim Romanesco-Blumenkohl,oder etwa die Verzweigungen unserer Blutgefäße).

In einem Interview im Frühjahr 2021 mit der VN-Heimat beschreibt Bosch sein Verständnis der computergenerierten Kunst so: „Mein Werkzeug ist der Computer. Ich kann am Computer Sachen machen, die ein Pinsel nicht fertig bringt [...]. Es ist für mich eine Entdeckungsreise. Ich will Bilder malen, die völlig unbesetzt sind. Mir geht es um den Sehprozess und darum, was es für neue Konstellationen gibt“. Der Vormarsch der Digitalisierung habe „die Entmachtung des Kunstwerks" möglich gemacht.

2014 und 2015 entstand eine weitere Serie von fraktalen Bildern in derselben Arbeitsweise mit dem Titel „Cosmic colours“. Die Bilder zeigte Bosch u. a. im Oktober und November 2021 in der von ihm selbst 2019 gegründeten „Galerie Villa Marxx“ in Lustenau. Arbeiten von Bosch sind auch in der von ihm gegründeten Galerie K12 in Bregenz zu sehen.

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Man nannte ihn den letzten großen Malerfürsten. Der gebürtige Feldkircher, der seine Stadt und dessen Häuserreihen in unzähligen Ölbildern verewigte, war vor allem Maler, widmete sich u. a. aber auch der Grafik, der Denkmalpflege, der Fotografie und der Kunst am Bau. Seine Bauten, seine Aktivitäten als Restaurator (u. a. die mächtige Burg Albrechtsberg an der Grossen Krems in Niederösterreich, für dessen Restauration er die Goldene Verdienstmedaille für Denkmalpflege erhielt) und seine Arbeiten als Innenarchitekt finden sich in Österreich, Deutschland, der Schweiz und Südafrika. Die Portraitmalerei nach alter Schule erlernte Jussel 1931 bis 1935 an der Akademie der Bildenden Künste in Wien bei  Prof. Hans Larwin; 1935 bis 1938 besuchte er die Meisterklasse bei Prof. Karl Sterrer. Ab 1938 und bis zum Kriegsausbruch lebte Jussel bereits als freischaffender Maler im Batschunser Schlösschen bei Rankweil. Stadtansichten, Landschaften und Portraits bilden die Hauptmotive seiner Malerei. Die Jahre des Zweiten Weltkriegs verbrachte er als malender Soldat im XVIII. Armeekorps in den hinteren Reihen, es entstanden Malereien in Frontentfernung.

Das hier vorgestellte Bild von 1945 „Blick vom Bregenzer Rathaus“ (Acryl auf Papier, 72 x 90cm) zeigt eine vom Krieg zerstörte, menschenleere Stadt mit zerbombten Häuserfronten. Im Gegensatz dazu charakterisieren sich die meisten seiner Arbeiten eher durch die Ausblendung der Schrecken des Krieges und stellen idyllische Szenen einer intakten oder vom Menschen gestalteten Naturlandschaft dar. Dadurch konnte Jussel vom Naziregime weitgehend ungestört arbeiten und an mehreren Ausstellungen währende der NS-Zeit teilnehmen (er erhielt in dieser Zeit auch mehrere Preise).

In den 1960er und 1970er Jahren bekam Eugen Jussel viele Aufträge als Portraitmaler (z. B. 1978 das Staatsporträt von Fürst Franz Josef von Liechtenstein). Im selben Jahr erhielt er eine Ehrengabe des Landes Vorarlberg, 1982 das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst. 1987 wurde ihm von seiner Geburtsstadt Feldkirch der Ehrenring verliehen. Jussel starb 2007 in Lustenau.

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Das Bild „Maroniständchen“ des 2015 verstorbenen Vorarlberger Künstlers und akademischen Malers Edwin Lipburger passt wunderbar zur aktuellen Jahreszeit. Die filigranen Formen des Ständchens vor einem wunderbar gemalten Hintergrund in pastelligen Grau- und Rosatönen vermitteln eine zarte, aber auch kühle und verlassene Winterlandschaft. Umso größer ist die Sehnsucht nach warmen süßen Maronen, doch vom Maronibrater fehlt auf dem Bild jede Spur.

Der aus Lauterach stammende Künstler Edwin Lipburger ist vor allem durch sein Kunstprojekt „Kugelmugel“ zu einer Legende für subversive Kunst mit höchst humoristischem Charakter geworden. Hier eine kurze Zusammenfassung der skurrilen Geschichte von Lipburgers Kugel-Mugel-Republik: 
1971 stellte der Künstler eine 8-Meter-Durchmesser umfassende Kugel aus Holz auf eine von ihm erworbene Wiese im niederösterreichischen Katzelsdorf bei Wiener Neustadt. Das Konstrukt verstoß jedoch gegen die damalige Bauordnung des Landes NÖ, die runde Gebäude verbat. Lipburgers Einwand, dass seine Kugel doch nur einen „positiv konstant gekrümmten, zweidimensionalen Raum“ verkörpere, führte in der Folge zu einem höchst amüsanten mehrjährigen Rechtsstreit: als Reaktion auf die Drohung der Behörden, die Kugel abzureißen, ernannte Lipburger sein Kugelhaus 1976 kurzerhand zu einem eigenen Ortsteil namens „Kugelmugel“, zu dessen Bürgermeister er sich ausrief. Die Ortsgrenze markierte Lipburger mit mehreren eigens hergestellten gekrümmten Ortsschildern und einem Ortsschranken mit Wachposten. Als sich der Rechtsstreit mit den amtlichen Behörden zuspitzte, erklärte Lipburger seine Ortschaft weiters zu einem Bundesland, dann zur „Republik Kugelmugel“. 1979 wurde Lipburger schließlich aufgrund von „Anmaßung“ nach mehreren Verhandlungen zu einer Gefängnisstrafe von 10 Wochen verurteilt, dann aber von Bundespräsident Kirchschläger begnadigt, nicht zuletzt aufgrund sozialer Proteste und der medialen Berichterstattung. 1982 fand das Kugelhaus schließlich einen Platz im Wiener Prater und verkörpert dort nach wie vor eine Republik unter der Präsidentschaft von Sohn Nikolaus Lipburger. Rund 670 Menschen wurden bisher eingebürgert und sind Träger eines Kugelmugel-Passes. 

Edwin Lipburgers Widerstand gegen die Absurdität behördlicher Auflagen – der heute ebenso aktuell ist wie damals -  inspirierte eine ganze Kunstszene und gab Anlass zur sogenannten Kugelmugel-Kunst. So entstand etwa der Ortstafelblues, der dem 10.Bundesland Kugelmugel gewidmet ist oder die Serie der Kugelmugel-Briefmarken.

Die ganze Geschichte samt Illustrationen kann man hier lesen: www.kugelmugel.at


 

Franco Vaccari

„Kunsthäuschen“, Ausstellung in Echt-Zeit Nr. 26

Installation beim Kunsthaus, 1998

In den Sommermonaten 1998 veranstaltete der Bregenzer Kunstverein das Projekt „Kunst in der Stadt“, bei dem nicht nur Museen und Galerien, sondern auch der öffentliche Raum bespielt wurden. Der italienische Fotograph und Konzeptkünstler Franco Vaccari (1936 in Modena geborgen) nahm mit einer Installation teil: direkt neben dem Eingang des erst ein Jahr zuvor eröffneten hochmodernen Kunsthauses platzierte Vaccari als totalen Kontrast ein kleines, aus alten Holztüren zusammengebautes Häuschen und zierte dessen Fassade mit dem aus Leuchtstoffröhren produzierten Schriftzug „Kunsthäuschen

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Das Bild „Maroniständchen“ des 2015 verstorbenen Vorarlberger Künstlers und akademischen Malers Edwin Lipburger passt wunderbar zur aktuellen Jahreszeit. Die filigranen Formen des Ständchens vor einem wunderbar gemalten Hintergrund in pastelligen Grau- und Rosatönen vermitteln eine zarte, aber auch kühle und verlassene Winterlandschaft. Umso größer ist die Sehnsucht nach warmen süßen Maronen, doch vom Maronibrater fehlt auf dem Bild jede Spur.

Der aus Lauterach stammende Künstler Edwin Lipburger ist vor allem durch sein Kunstprojekt „Kugelmugel“ zu einer Legende für subversive Kunst mit höchst humoristischem Charakter geworden. Hier eine kurze Zusammenfassung der skurrilen Geschichte von Lipburgers Kugel-Mugel-Republik: 
1971 stellte der Künstler eine 8-Meter-Durchmesser umfassende Kugel aus Holz auf eine von ihm erworbene Wiese im niederösterreichischen Katzelsdorf bei Wiener Neustadt. Das Konstrukt verstoß jedoch gegen die damalige Bauordnung des Landes NÖ, die runde Gebäude verbat. Lipburgers Einwand, dass seine Kugel doch nur einen „positiv konstant gekrümmten, zweidimensionalen Raum“ verkörpere, führte in der Folge zu einem höchst amüsanten mehrjährigen Rechtsstreit: als Reaktion auf die Drohung der Behörden, die Kugel abzureißen, ernannte Lipburger sein Kugelhaus 1976 kurzerhand zu einem eigenen Ortsteil namens „Kugelmugel“, zu dessen Bürgermeister er sich ausrief. Die Ortsgrenze markierte Lipburger mit mehreren eigens hergestellten gekrümmten Ortsschildern und einem Ortsschranken mit Wachposten. Als sich der Rechtsstreit mit den amtlichen Behörden zuspitzte, erklärte Lipburger seine Ortschaft weiters zu einem Bundesland, dann zur „Republik Kugelmugel“. 1979 wurde Lipburger schließlich aufgrund von „Anmaßung“ nach mehreren Verhandlungen zu einer Gefängnisstrafe von 10 Wochen verurteilt, dann aber von Bundespräsident Kirchschläger begnadigt, nicht zuletzt aufgrund sozialer Proteste und der medialen Berichterstattung. 1982 fand das Kugelhaus schließlich einen Platz im Wiener Prater und verkörpert dort nach wie vor eine Republik unter der Präsidentschaft von Sohn Nikolaus Lipburger. Rund 670 Menschen wurden bisher eingebürgert und sind Träger eines Kugelmugel-Passes. 

Edwin Lipburgers Widerstand gegen die Absurdität behördlicher Auflagen – der heute ebenso aktuell ist wie damals -  inspirierte eine ganze Kunstszene und gab Anlass zur sogenannten Kugelmugel-Kunst. So entstand etwa der Ortstafelblues, der dem 10.Bundesland Kugelmugel gewidmet ist oder die Serie der Kugelmugel-Briefmarken.

Die ganze Geschichte samt Illustrationen kann man hier lesen: www.kugelmugel.at


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tOmi Scheiderbauers Arbeit „Edward Snowden – Post-it-war“ von 2014 ist eine Hommage an den amerikanischen Whistleblower und ehemaligen Mitarbeiter der CIA, Edward Snowden und dessen Schicksal.

„Dass Edward Snowden, der 2013 der Weltöffentlichkeit mitteilte, welch monströse, hyperparanoide und gegen alle demokratischen Regeln verstoßende Überwachungsmaschinerie die nordamerikanischen Geheimdienste unterhalten, dass dieser für die politi-sche Weltbühne so wichtige Mensch immer noch im Exil in Moskau festsitzen muss, ist ein himmelschreiender Skandal ohnegleichen“ sagte der Künstler kürzlich in einem Statement über sein Werk und bringt damit klar seine Wut zum Ausdruck, die ihm auch heute noch, acht Jahre nach dem NSA-Skandal, in den Knochen sitzt. Vom medialen Aufschrei von damals ist heute kaum mehr etwas zu hören –  aus den Medien aus dem Sinn. So läuft es in unserer nachrichtenübersättigten Welt. Den mutigen Aufdecker aus seinem Archivschatten wieder ins lokale Bewusstsein zu heben und daran zu erinnern, dass man alles tun müsse, um ihn endlich aus der Isolationshaft seines Exils zu befreien, ist tOmi Scheiderbauer damals wie heute ein Anliegen.

Als Model für das 2 x 4 Meter hohe Portrait diente dem Künstler ein Foto von Snowden vor einem Siegel, das ihn lachend (Frontansicht) und von hinten (als Spiegelbild) zeigt. Das Bild ist aus 3200 handelsüblichen Post-it’s zusammengesetzt. tOmi Schneiderbauer sagt dazu: „Die Idee gefiel mir, weil diese einfachen, in allen Büros genutzten selbstklebenden Zettelchen ein trivialer, aber sicher ein wichtiger Gebrauchsgegenstand in der NSA ist und vermutlich tonnenweise verwendet wird.“ Wie „pixels“ ergeben die Post-it’s zusammengenommen ein Bild gerade jenes Mannes, der es gewagt hat, uns die skandalöse Wahrheit über „big-data“ zu enthüllen.

Ausgestellt wurde das Werk erstmals 2014 im Rahmen der Ausstellung Y-land (in Zusammenarbeit mit Stefan Kainbacher) in der Galerie c-art in Dornbirn. tOmi Scheiderbauer bespielte damals unter anderem einen ganzen Raum mit weiteren drei Portraits amerikanischer Prominenter („the American Chamber“).

Kurzbiographie:
Thomas „tOmi“ Scheiderbauer (*1961 Hard), ist ein österreichischer interdisziplinärer Foto-, Grafik- und Kontext-Künstler, Kurator und Produzent. Er lebt in Lecce und in Bregenz.
Seine Projekte drehen sich überwiegend um die Frage nach dem Ursprung von Ideen bzw. dem Wesen von Spontanität und Intuition. Zentral erscheint dabei ein relationaler, partizipativer und empathischer Kunstbegriff. “A real Artist is Partist”.
Link zur gesamten Biographie des Künstlers.

Übrigens: tOmi Scheiderbauer ist gegenwärtig im Magazin 4
Seit 17. September und noch bis zum 17. Oktober 2021 kann man tOmi Scheiderbauer im Magazin 4 erleben (https://kreissaal.jetzt/). Im Rahmen seines Projektes „KREISSAAL, das gemütliche Parlament“ diskutiert der Künstler mit Freund:innen über die Frage „Brauchen und wollen wir (viel) schönes Geld?“. Wobei er damit natürlich (viel) mehr schöne Projekte in einem viel weiter gedachten Kunstbegriff meint, wie es herkömmliche Kulturbudgettöpfe und deren Statuten erlauben.

Öffnungszeiten: Mi & Do: 9 – 12 Uhr & 14 – 18 Uhr; Fr, Sa & So. 9 -12 & 14 -23 Uhr
 

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„September“ (1969 bis 1973 in Wien) stammt aus der Serie „Jahreszyklus“ und zeigt eine an der charakteristischen Perfektion des phantastischen Realismus angelehnte Landschaft im Stil der Alten Meister, versetzt mit surrealen Elementen. Während Wiese und Büsche in herbstlichem Licht golden leuchten, kann man die bis in den Himmel verlaufende Straße in gespiegelter Symmetrie als Symbol für das ewige Licht und die Unendlichkeit deuten, aber auch als Sinnbild der Sterblichkeit und Endlichkeit des Lebens auf der Erde. Diese Straße gleicht einer Sanduhr, die uns vor Augen führt, dass die Lebenszeit langsam, aber stetig und unausweichlich verrinnt. Optimisten und alle, die an die Wiedergeburt glauben, werden indes wahrscheinlich den Weg von unten nach oben als eine Entwicklung vom irdischen Leben ins göttliche Licht verstehen. Interessant sind auch die Brücke und der Bogen als architektonische Strukturmittel für einen geometrischen Aufbau des Bildes.

Der Vorarlberger Künstler Helmuth Fetz, 1928 in Thüringen bei Bludenz geboren und 2010 in Ried im Innkreis verstorben, war einer der bekanntesten Vertreter des phantastischen Realismus in Österreich. Nach der Meisterschule für Dekorationsmalerei, beschäftigte sich Fetz immer mehr mit der Malerei. Seit 1964 war er Gründungsmitglied des Bregenzer Kreises, dem unter anderen auch Erich Smodics und Rudolf Zündel angehörten. Nach einigen Jahren in Wien leitete er in Bregenz die Galerie "Kunstlädele". Die Kunst von Rudolf Wacker und Herbert Reyl-Hanisch bewegten Fetz dazu, sich mehr mit der Neuen Sachlichkeit zu beschäftigen. In weiterer Folge wurde er Vertreter der Wiener Schule des Phantastischen Realismus sowie der naiven Malerei.
1988 wurde Helmut Fetz in die Innviertler Künstlergilde aufgenommen. Ein Jahr verließ der Vorarlberger Bregenz, um im Innviertel seine Kunst fortzuführen.
Bekannt wurde Helmuth Fetz vor allem durch seine Landschaftsbilder, seine Stadtansichten, die er am Bodensee und später im Innviertel malte, sowie durch seine Porträts von Vorarlberger und Innviertler Persönlichkeiten.
Neben der Ölmalerei widmete sich Helmuth Fetz auch der Radierung. Er schuf in dieser Technik die vier Zyklen „Winter am Bodensee“, „Dornbirner Veduten“, „s‘ Wälderbähle“ und als Referenz für seine neue Heimat „Innviertler Städtebilder“.

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Ein Sammelsurium an Fundstücken, die beim Bau des Bregenzer Festspielhauses zwischen 1977 und 1980 ans Tageslicht befördert wurden, hat der Künstler Peter Adrian Larcher in drei verglasten Holzkästen arrangiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Seit Jahren oder teilweise Jahrzehnten ruhten in der Baugrube Gegenstände, die vom Banalen wie Glas- und Keramikscherben über Alltägliches wie einer blauen Flachzange bis zum Kuriosen wie Knochenteilen oder Türaufhängern reicht. Auch Handschuhe und Aschenbecher finden sich in dem an einen Setzkasten erinnernden Kunstwerk, in dem Larcher mit viel Gespür für Ästhetik aber auch mit einem Augenzwinkern diese Zeitzeugnisse verschiedenster Epochen zu einem kuriosen Gesamtkunstwerk zusammenfügt.


Biografie
Peter Adrian Larcher wurde 1955 in Lauterach geboren, studierte an der Akademie der Bildenden Kunst in Wien und lebt und arbeitet in Innsbruck. Er ist Mitglied der Berufsvereinigung Bildender Künstler Vorarlbergs in Bregenz und der Tiroler Künstlerschaft. Im Palais Thurn und Taxis wurden seine Werke bereits zwei Mal ausgestellt: 1979 "Weil ich W. Nasenhaar kannte" und 1988 "Der mehrtittige Deutel ist es nicht allein".

 

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In den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren entwickelte Karl-Heinz Ströhle eine Serie von „Streifenbildern“, die eine wichtige Rolle in seinem Werk einnehmen. Als erste bedeutende Phase der Abstraktion des Künstlers nahmen die Streifenbilder gleichzeitig seine Entwicklung der Linie und der für Ströhle so charakteristischen „Blubbs“ vorweg. Ströhle bezeichnete seine Streifenbilder als „Einstieg in die raumgestaltende Wandmalerei“.

Als immer wiederkehrendes gestalterisches Mittel bilden die Streifen auch eine Konstante im Schaffen des Künstlers. Besonders in seinen Kunst-am-Bau Arbeiten griff Ströhle immer wieder auf die Streifen zurückgriff, so auch bei der Gestaltung des Baunetzes auf der Baustelle des Vorarlberg Museums in Bregenz 2012. In einem Gespräch mit Ingrid Adamer sagte Ströhle über seine „Verhüllung“ des Vorarlberg Museums: „Die Streifen wirken in dieser Größe und Dimension wie ein riesiger Vorhang. Nach dem „Fall“ des Vorhanges wird man sehen, ob das Versprechen – man werde der zeitgenössischen Kunst in Vorarlberg im neuen Landesmuseum eine Heimat bieten – eingelöst worden ist. Die auf den ersten Blick rein formale Arbeit ist als kulturpolitisches Statement gedacht“.

Mehrere Bilder der 1990er Jahre mit dem Titel „Gap“ zeigen wieder vertikal angeordnete Streifen, die die Leinwand in schwarze und weiße Segmente fragmentiert und damit Zwischenräume freigibt. In späteren teils großformatigen Bildern (Ohne Titel, Inkjet auf Leinwand) erscheinen die Streifen wieder enger angeordnet, die starke ästhetische Wirkkraft entsteht durch die unregelmäßige Anordnung und Breite der Streifen und deren Kapazität, „eine Wand oder einen Raum zu gliedern, zu füllen oder zu rahmen, den Blick zu fokussieren oder zu zerstreuen, zwischen großen und kleinen Dimensionen zu vermitteln.“ (Vitus Weh im Katalog „Karl-Heinz Ströhle, Ornament und Aformation, Otten Kunstraum, S.42)


Biografie
Karl-Heinz Ströhle, geboren 1957 in Bregenz, studierte am Mozarteum in Salzburg und bei Bazon Brock an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Dort hatte er auch einen Lehrauftrag und habilitierte 2014 im Fach Bildhauerei. Auslandstipendien in Paris und Tokyo sowie Preise – zuletzt der Konstanzer Kunstpreis 2016 – honorierten seine künstlerische Arbeit. Im August 2016 verstarb Karl-Heinz Ströhle im Alter von 58 Jahren überraschend auf einer Wanderung im Silvretta-Gebiet.

Als Zeichner, Maler, Performance-, Objekt- und Medienkünstler gehört sein Werk zu den interessantesten und wichtigsten künstlerischen Positionen Österreichs. Seine Arbeit changiert zwischen dem Konzeptionell-Konkreten und dem Spielerisch-Intuitiven, zwischen einer klaren, von der Linie ausgehenden Formensprache und dem schwingenden Impuls des von ihm präferierten Materials Federstahl. Die Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum durch zahlreiche Kunst-am-Bau-Projekte ist wichtiger Bestandteil seiner Arbeit und vermittelt am deutlichsten die soziale und politische Dimension seines Oeuvres. 

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„Vivida Tellus“ (lat. lebendige Erde) ist - wie die meisten Bilder von Ilse Konrad - das Produkt einer Reise: vor knapp 10 Jahren unternahm Konrad mit einem befreundeten französischen Fotografen eine Reise durch Nordspanien auf den Spuren von Salvador Dalí. Die Eindrücke dieser Reise, die Konrad als ungeheuer intensiv und kraftvoll beschreibt, verarbeitet die Künstlerin nach ihrer Rückkehr nach Österreich in ihrem Zyklus „rote Bilder“, der auch in einem in rotem Leinen gefassten Buch Platz gefunden hat.

Die starke Farbgebung des Bildes, das (wie der Titel verrät) „energiereiche lebendige Erde“ darstellt, ergibt sich nicht zuletzt aus der für Konrad typischen Arbeitsweise: die „Anteigung“ der Farben und Farbmischungen stellt Ilse Konrad selbst her aus den in ihren Reisen gesammelten und mitgebrachten Elementen (Sand, Erde, Steine, etc.), die sie ua. mit Leinöl zu Farben vermischt. Im Fall von Vivida Tellus ist es Eitempera.

Ilse Konrad ist eine reisende Malerin und eine malende Reisende. Ihre „Studienreisen“, wie Konrad sie nennt, führten sie bereits in (fast) alle Teile der Welt. Das Skizzenbuch ist dabei ihr wichtigster Begleiter und bildet im Folgenden die Basis für ihre Bilder. Konrad: „Auf meinen vielen Studienreisen habe ich Auge und Hand geschult, nur das Wesentliche zu begreifen und festzuhalten, alles Überflüssige abzutun, um den Kern der Dinge zu erfassen“.

Mit ihrem Mann reiste Konrad mehrere Male in die Wüste. So entstand in den 1990er Jahren eine Serie von Wüstenbildern, in denen Konrad auch das Thema Flucht verarbeitet.

Ilse Konrads Bilder sind abstrakt, dennoch betont die Malerin die Bedeutung der Zeichnung -  Linie, Strich und Duktus – nicht nur für ihre eigene Arbeit, sondern auch als zu beherrschendes Handwerk für jede Form der bildenden Kunst.


Biografie
Ilse F. Konrad, 1940 in Wien geboren und in Bregenz aufgewachsen, studierte an der Kunstakademie in Paris, lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin in Bregenz und war hier auch über Jahre hindurch als Kunsterzieherin am Privatgymnasium Sacré Coeur (Riedenburg) tätig. Stipendien führten sie u. a. nach Rom und Chios, zahlreiche weitere Reisen in viele Länder der Welt waren unablässige Inspirations-Quellen für ihre Bilder. Ilse Konrad erinnert sich: „Malerische Weltreisen, Seehunde auf Galapagos, Himba-Frauen in Namibia, Häuser am Vulkan in Lanzarote, Chiosblau und erdiges-braunes Afrika….“.

Intensives Empfinden überträgt die Künstlerin in kraftvollen und rhythmisch verlaufenden Bewegungen auf die Leinwand: „Meine Bilder zeigen eruptive Formen und Gesten. Haptisch bis zur beginnenden Dreidimensionalität modelliert, wollen sie intensive Geruchs-Gefühls-Gehör-Erlebnisse erzeugen. Das Malen-Müssen, das dynamische Farb-Bekennen bricht förmlich aus mir heraus“. Der –raison du coeur- (Pascal) gibt Konrad Ausdruck, indem sie die gestalteten Handlungen „vom Bauch aus“ schafft.

Werke der 81-jährigen Künstlerin sind momentan in nicht weniger als vier Ausstellungen zu sehen: Künstlerhaus Thurn und Taxis - Mitgliederausstellung „An Vogel“ (noch bis 27.Juni); Galerie Art House - „Frauenpower“ (bis 3.Juli), Rohnerhaus – „Flucht“ , und Buchhandlung Brunner (Schaufenstergalerie).


 

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Das Werk „Lo Mazzarino Tile Certificato“ ist eine der 14 Fliesen der Serie “Lo Mazzarino” des Künstlers Uwe Jäntsch.  Die aufwendig handgemachten Fliesen stellte der Künstler Uwe Jäntsch 2019 in der Fliesenmanufaktur KARAK in Bludenz mit der Raku-Technik her. Die Fliesen „Lo Mazzarino Tile Certificato“ stehen in engen Zusammenhang mit seiner Zeit in Sizilien, Palermo. Dort lebte und arbeitete Uwe Jäntsch von 1999 bis 2018. Der leerstehende, verfallene Palazzo Lo Mazzarino an der Piazza Garraffello im historischen Stadtteil Vucciria aus dem 16. Jahrhundert diente dem Künstler als Atelier bis er es 2018 nach endlosen Auseinandersetzungen mit den italienischen Behörden räumen musste. 

Uwe Jäntsch: „Der Palazzo lo Mazzarino war das erste Gericht der Stadtgeschichte und meine umgewandelte fiktive „banca nazion“. In dem obersten Stock installierte ich das „stanza di compensazione“, der Hauptraum der Bank, indem wir mit vielen Besuchern eben über verschiedene Dinge verhandelten, die so angefallen sind zu der Zeit. Diesen Raum stattete ich mit einer Rosendecke aus. Der Raum hatte auch Bodenfliesen aus dem 16. Jahrhundert. Bei meinem Abgang 2018 übermalte ich die komplette Freske mit schwarzer Farbe vor der Presse, um keinen Spekulations-Boomerang in Zukunft zu haben. Dafür stellte ich bei der Fliesenmanufaktur Karak in Bludenz ein Jahr später 14 aufwendig handgemachte Fliesen mit der bekannten Raku-Technik her. Sie sehen so aus, als ob sie von der Decke gefallen sind. Die Blumen sind das Symbol von einer starken Bindung von 20 Jahren zwischen mir und Palermo. Sie blühten auf den Ruinen auf der Schattenseite unserer Gesellschaft. Die Blumen der Lo Mazzarino Tiles kommen aus dem Ofen und blühten unter 900°C auf.“
 


Biografie
Uwe Jäntsch, geboren 1970, Vorarlberger Kunstschaffender, zur Zeit ohne festen Wohnsitz. Sein Werk umfasst sog. Eingriffe mit Zeichnung, Malerei, Skulptur, Installation, Performance und Filmkunst. Jäntsch ist bekannt für außergewöhnliche Aktionen oder Eingriffe, wie er sie nennt. Meist sucht er sich dafür Orte aus, die – im öffentlichen oder halb-öffentlichen Raum gelegen – in Vergessenheit geraten sind oder absichtlich ignoriert werden. So bespielte Jäntsch etwa in Palermos Altstadt die Ruinen mehrerer Palazzi, er kandidierte in einer sizilianischen Kleinstadt als Bürgermeister mit falschem Bart und Plastikblumen, und er überarbeitete das stillgelegte Bahnhofsareal des Orientexpress in Venedig mit Logos von Weltmarken.

Auf Palermos Piazza Garrafello richtete er ein Freilichtmuseum für seine Installationen ein. Mit zahlreiche künstlerische Interventionen machte er auf den Verfall des Palazzo lo Mazzarino aufmerksam, der exemplarisch für den Verfall der historischen Substanz des gesamten Stadtteils ist und die damit zusammenhängenden Immobilienspekulationen. Jäntsch wurde mehrmals von der Stadt angezeigt und angeklagt bis er 2018 das Gebäude räumen musste. Bis heute wurde der Palazzo nicht saniert. 
www.costanzalanzadiscalea.it

 

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Das Bild o.T. (Gouache auf Papier) aus dem Jahr 1985 gehört zu den frühen Werken von Alfred Graf. Es muss noch während oder kurz nach seiner Akademiezeit in Wien entstanden sein.

Beim Betrachten des Bildes spürt man eine starke Dynamik, die einen ins Bild hineinzieht: aus einem feuerreuten Hintergrund heraus erscheinen durch dunkelblaue Konturen angedeutete menschenähnliche Figuren, die von geschwungenen nach hinten gezogenen Linien wie in einem Sog weggezogen werden. Von rechts her scheinen ebenfalls Figuren mit langen ausgestreckten Armen nach ihnen zu greifen. So stelle ich mir ein modernes Abbild des Purgatoriums vor, oder – im heutigen Kontext der Flüchtlingsbewegungen- die Szene einer verzweifelten Rettung von schiffsbrüchigen Migranten auf einem untergehenden Boot.

Biografie Alfred Graf:

Geboren 1958 in Feldkirch; 1979 Akademie der bildenden Künste, Wien; 1985 Theodor Körner Preis, zahlreiche Arbeitsstipendien, Preise, Symposien, Auslandsaufenthalte, Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen; Kunst im öffentlichen Raum; seine Bilder befinden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen und sind in vielen Katalogen erschienen. Lebt in Wien.

Im gegenwärtigen Schaffen von Alfred Graf spielen vor allem die Natur und die verschiedenen Materialien, die sie bietet, eine wesentliche Rolle. Viele Arbeiten von Graf sind Ausdruck der Reflexion über die Prozesse und Veränderungen der Natur, die diese stetig durchläuft: der Künstler erforscht bildnerisch Sande, Sedimente, Erden und Gesteine, Wachse und Harze, untersucht und reproduziert ihre Strukturen, Reliefs, transluzente Eigenschaften und geologische Vielfalten, er macht Gesichts- und Köperabdrucke im Sand und produziert damit Masken und Formen. Graf: „Ich setze die Arbeiten auch immer wieder ganz bewusst dem Wetter aus und so entstehen bei den Materialien oft interessante Veränderungen.“

Franzobel schreibt über Graf: "Manche Bilder von Alfred Graf wirken tatsächlich so, als kämen sie aus dem Inneren der Erde. Sie haben etwas Dunkles, Tiefes. Andere wieder sind wie eine Ursuppe. Auf manchen stehen Wörter oder Steine, Einschlüsse, Falten, Aufwürfe, Geäst und Landkarten, Brandspuren, Hautkrankheiten, Kriegsbemalungen archaischer Völker, surreale Landschaften Max Ernsts, Gesteinsformationen, Spuren von Flüssigkeiten, Bachbette, große Vergrößerungen von Insekten oder Pflanzen, versteinerte Tiere, erfundene Inseln, Mondgebirge, Galaxien, verblichene Bilder und noch viel mehr. In Alfred Grafs Arbeiten steckt die ganze Welt. Und wirklich lesen sich die Titel der Bilder wie Stationen einer Reiseroute eines lebenslangen Arbeitsurlaubs. Es handelt sich um Annäherungen an Orte. Orte, deren Mittelpunkt doch derselbe ist."

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Das Kunstwerk „7 Nächte des Prinzen Jussuf in Jerusalem“, das die 1983 in Bregenz geborene Künstlerin Katherina Olschbaur selbst als „philosophisches Projekt“ bezeichnet, entstand während eines
4-monatigen Stipendium-Aufenthaltes der Künstlerin in Israel. Es besteht aus einem Foto, in dem die junge Künstlerin sich selbst als „Prinz Yussuf II“ inszeniert, einer Karte, in der in Bleistift die 7 Schauplätze des Projekts eingezeichnet sind, und 7 dazugehörigen Zeichnungen.In der Arbeit nimmt Katherina Olschbaur Bezug auf Else Lasker Schülers Werk, in welchem die Schriftstellerin das fiktive Land Theben als Sehnsuchtsort Heimat entwarf.
Else Lasker-Schüler selbst wurde jedoch eine wirkliche Heimat verwehrt. Sie lebte auch in ihrem letzten Aufenthaltsort Jerusalem bis zuletzt im Exil. Katherina Olschbaur findet sich in ihrem Projekt selbst in der Rolle des „Yussuf II“ wieder, der im zerrissenen Jerusalem auf der Suche nach Heimat und Geborgenheit und nach Frieden ist. Sie verwendet die Hotelzimmer als Bühne. Jedes Zimmer ist Schauplatz eines rauschenden Festes. (Quelle: Pressetext Lisi Hämmerle anlässlich der Ausstellung Yussuf/Cermak in der Galerie Lisi Hämmerle in Bregenz 2007).

Katharina Olschbaur selbst zu ihrer Arbeit:
Während meines Aufenthalts in Jerusalem wohne ich in Hotels im östlichen wie im westlichen Teil der Stadt. Ich fotografiere die einzelnen Hotelzimmer, in denen ich übernachte, und sammle Abbildungen von Zimmern in bekannten und teuren Hotels, in denen ich selbst nicht gewohnt habe.

Die Serie „Die sieben Nächte des Yussuf“ besteht aus sieben Objekten, die jeweils eine Nacht in einem Hotelzimmer darstellen ... das philosophische Projekt beschreibt ein Leben im Exil, in dem die Räume immer provisorisch bleiben. Die 7 Leben des Prinzen Yussuf sind also jeweils Dokumente oder Entwürfe von 7 Nächten in den besten und teuersten Hotels, die nicht umsonst dream resorts genannt werden.
Der Traum einer Heimat erfüllt sich immer nur für eine Nacht, in der gefeiert wird, als ob es die einzige und letzte Nacht des Lebens wäre. Sie sind Dokumente eines Lebens, das sich unmittelbar preisgibt und erfüllt, weil es keine andere Sicherheit kennt. “
Zur technischen Ausgestaltung schreibt die Künstlerin: „Die Zeichnungen sind im Siebdruckverfahren auf Glas gesetzt und in einem Metallrahmen gefasst. Sind die Bilder von vorne beleuchtet, fallen die Linien der Zeichnung als Schatten auf den Hintergrund, die Hotelzimmer als Bühnen der Geister. Das achte Bild aus der Serie zeigt einen gezeichneten Stadtplan, in den die Standorte der einzelnen Hotels eingetragen sind. So spannt sich darauf ein Netz, das sich örtlich und zeitlich über die Stadt legt und die politischen Grenzen und Abtrennungen der Stadt durchkreuzt.“

Katherina Olschbaur
1983 in Bregenz am Bodensee geboren
2001 Studium an der Universität für Angewandte Kunst, Wien; Malerei bei C.L.Attersee und Johanna Kandl; Bühnen- und Filmgestaltung bei Bernhard Kleber
2005 Auslandssemester Wimbledon School of Art, London
2006/2007 viermonatiger Aufenthalt und Stipendium in Tel Aviv, Jerusalem, Israel; mehrere Ausstellungen und Teilnahme an Filmfestivals

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Hasso Gehrmann (*1924 in Weißenfels, Deutschland, † 2008 in Bregenz) studierte Kunst und Philosophie in Heidelberg bei Karl Jaspers.
Er lebte zunächst in Frankfurt, später und bis zu seinem Tod in Bregenz. Er war bildender Künstler, Philosoph und erfolgreicher Industrie-Designer mit zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland. Kurz vor seinem Tod 2008 würdigte ihn das Bregenzer Magazin4 und die Bregenzer Galerie art contemporary mit einem mehrteiligen Ausstellungs-, Film- und Theorieprojekt.

Die Schrecken des Krieges und seiner Anstifter machte Hasso Gehrmann zum Suchenden nach einem besseren Verständnis der Menschen und der Steuerbarkeit der Gesellschaft.
Gehrmann entwickelte als Mitarbeiter von AEG, später als Chefdesigner von Electra Bregenz zahlreiche Wohn-Konzepte und Haushalts-Geräte wie den Bestseller-Staubsauger (Vampirette), einen Haartrockner (Fön), oder den AEG-Deluxe-Herd.
Große internationale Aufmerksamkeit erlangte seine 1969 konzipierte „vollautomatische Küche“ (auch Gehrmann-Küche genannt).

Begrüßung
Während es über sein Bild „Begrüßung“ kein Statement des Künstlers gibt (es also jeder für sich „lesen“ möge), möchten wir hier einen Ausschnitt des Textes bringen, den Hasso Gehrmann zu seiner vollautomatischen Küche verfasst hat und der sein künstlerisches Bestreben, aber auch seinen philosophischen Ernst und seinen Sinn für Humor bestens zum Ausdruck bringt:

„1965 begann ich in Bregenz endlich mit der Konstruktion einer „Totalen Wohnung“ (so der Arbeitstitel des Projekts). Die Aufhebung der starr fixierten Zimmer-Zellen und der Gebrauch von Dreh- und Liftmechanik erbringen hier auf 80 m² Fläche 120 m² Wirkungsgrad. Die Idee meines Wohnelemente-Baukastens wird vom Sektor Küche am ehesten veranschaulicht. Dort bedient die Hausfrau oder der Hausmann wie ein Klavierspieler mittels Fußpedalen, Tasten und Bildschirms eine frei im Raum stehende Skulptur namens Küche. Vermittels ihrer Lifthydraulik zur Rechten und dem Gerätekarussell zur Linken liefert sie dem Kochkünstler alles momentan Gewünschte zur Hand.
Ohne ein einziges Mal aufstehen zu müssen, ist jedes Kochkünstlerspiel machbar. Dabei kann am rechtsseitigen Esstisch bereits serviert werden. Die Küche mutiert hier quasi vom „größten Arbeitsplatz der Welt“ zum „größten Atelier“.[...]
Im Grunde genommen entwickelte ich mit diesem Wohnprojekt eine intelligente Maschine, die sich jedoch nicht selbst genügt, sondern allenthalben zum Instrument für die allfälligen Ich-und-Du-Spiele wird. Wie später noch in meiner Bi-Logik-Theorie3 ersichtlich werden sollte, mündet die vollkommene objektive Logik schlussfolgernd in eine übergreifende Subjektivität ein.“

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Kulturservice

Bergmannstraße 6
6900 Bregenz