© Stadt Bregenz | Stadtförster Gerhard Österle bei der Kennzeichnung von einem der 230 Bäume im Stadtwald.

Blaue Spechte im Stadtwald

Von den 29,5 km2 Fläche, die die Landeshauptstadt misst, entfallen mehr als 80 % auf unbewohntes Gebiet, wobei sich der Begriff „unbewohnt“ nur auf den Menschen bezieht. Sowohl im Wasser – und das ist immerhin fast die Hälfte des Stadtgebietes – als auch im Wald, der rund 20 % ausmacht, befinden sich unzählige Kleinstlebewesen.

„Microliving“, der Trend zu kleinen Wohnungen, ist also nicht nur in der Immobilienbranche aktuell, sondern im Tierreich seit jeher gelebte Praxis. Sogenannte „Baummikrohabitate“, also Kleinstlebensräume auf großen, alten Bäumen oder abgestorbenem Holz, bieten zahlreichen Tieren ein wertvolles Zuhause. Viele seltene Arten nutzen jeden noch so kleinen Hohlraum, um sich vor Fressfeinden zu verstecken und den Nachwuchs aufzuziehen. Biotopbäume sind ein wahrer Hotspot der Biodiversität und können – von der Höhle bis hin zum Rindenriss – bis zu 65 verschiedene Mikrohabitate aufweisen.

Das trifft auch auf den Bregenzer Stadtwald zu. Dort belassen die Mitarbeiter der Dienststelle Forst seit vielen Jahren ganz bewusst alte Bäume sowie ausreichend abgestorbenes Holz im Wald, um mehr schützenden Lebensraum für seltene Arten zu schaffen. Gerade struktur- und artenreiche Wälder sind wahre Schatzkammern des Lebens und tragen zum Klimaschutz bei.

Neben den Bäumen gibt es auch in abgestorbenem Holz zahlreiche Mikrohabitate unterschiedlichster Art. Auf den gesamten Stadtwald verteiltes Totholz – ob noch stehend oder bereits liegend – ermöglicht seltenen Arten ein langfristiges Überleben. Von den rund 7.400 heimischen Käferarten sind etwa 1.500 von Totholz abhängig. Ein Beispiel dafür ist der sehr seltene und geschützte Alpenbock-Käfer, dessen Larven sich nur in abgestorbenem Buchenholz entwickeln können.

Als sogenannte „Destruenten“, also Lebewesen, die organische Substanzen zu anorganischen Stoffen umwandeln, sind diese Käfer am Abbau des Holzes zu Humus beteiligt, sorgen also für einen gesunden, produktiven Boden und somit für ein nachhaltiges Pflanzenwachstum. Dies ermöglicht wiederum die Speicherung von CO2 und kann als aktiver Beitrag zum Klimaschutz bezeichnet werden.

"Unser struktur- und artenreicher Stadtwald ist ist ein Juwel der Artenvielfalt und ein Refugium für viele bedrohte Arten. Mit den Biotopbäumen schaffen wir Hotspots der Biodiversität in unserem Stadtwald", so Stadtrat Heribert Hehle. 

Jetzt wurde auf EU-Ebene gemeinsam mit Bund und Land ein Programm entwickelt, um diese Mikrohabitate nachhaltig zu erhalten und zu fördern. Wer betreffende Bäume für mindestens zehn Jahre nicht schlägert und anderweitig nutzt, wird mit einem finanziellen Beitrag unterstützt. Die Dienststelle Forst hat in den letzten Tagen mehr als 180 Biotop- und 50 stehende Totholzbäume mit einem „blauen Specht“ markiert, mittels GPS verortet und dem Land gemeldet. Diese genaue Lageerfassung der Bäume ist deshalb notwendig, damit unabhängige Stellen die Einhaltung der Förderrichtlinien später auch kontrollieren können.

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