wenigstens vor den großen Tieren. Wir kommen damit aber nicht weit, und das hat einen bezaubernden Grund: Bereits vor dem Betreten eines Raumes nimmt das Herz mit den Anwesenden Kontakt auf. Es ist schneller als die bewusste Wahrnehmung, sein elektromagnetisches Feld entscheidet unmittelbar, mit wem wir harmonie- ren. Der handelnde Mensch hinkt mit Körper und Geist diesem Vorgang immer ein paar Sekunden hinterher. Bevor wir zuschlagen Dabei kann man auch ordentlich irren, frühere Erfah- rungen, Hoffnungen oder Ängste können die Gewissheit des Herzens vernebeln. Eine Zeit lang wenigstens. Die Unvollkommenheit in der alltäglichen Begegnung lässt uns aber wachsen, gerade weil das Davonlaufen nicht mehr so einfach ist wie früher in der Savanne. Wer auf einen freundlichen Menschen trifft und sich öffnet, der öffnet nicht sein Herz der anderen Person, sondern sein Gehirn öffnet sich dem Herzen seines Gegenübers. Das elektromagnetische Feld des Gehirns gleicht sich dem elektromagnetischen Feld des fremden Herzens an. Dieses unsichtbare Vorgehen hat eine weit größere spirituelle Bedeutung als uns bewusst ist, denn es bedeu- tet in letzter Konsequenz, dass wir uns selbst Schmerz zufügen, wenn wir jemand anderen verletzen. Wir sind unentrinnbar miteinander verbunden, und wir haben jederzeit die Wahl, unser eigenes Verhalten zu bestim- men, wenn auch nicht die Frequenz in der Begegnung mit einer anderen Person. Wir können uns lediglich er- innern, dass wir verbunden sind – und zwar schon lange vor der Geburt. Das Pulsieren des Herzens beginnt nach 21 Tagen, also weit vor der Bildung des Gehirns. Zu die- sem Zeitpunkt ist das Herz noch ein kleines Blutgefäß, es erzeugt aber bereits elektrische Spannung. 21 Tage nach der Zeugung sind wir mit der Mutter und anderen Lebewesen verbunden, ob wir wollen oder nicht. Auch ob wir gewollt sind oder nicht. Vermutlich sind wir schon davor auf irgendeine Art verbunden, aber das lässt sich nur schwer beweisen. Sicher ist: Selbst in schwie- rigsten Konfliktsituationen haben wir die Fähigkeit, uns mit dem Herzen zu verbinden und es gut sein zu lassen. Humor ist immer ein Glücksfall Miteinander ist keine Kategorie, die in Bregenz als erstes ins Auge sticht. Das macht aber nichts – täte es das, müsste man vermutlich skeptisch sein. Das Geheimnis des gelungenen Miteinanders findet offensichtlich auf unsichtbaren Ebenen des Menschseins statt, wir können es aber sichtbar machen. Eine charmante Art der Sicht- barmachung hat die Stadt Bregenz mit den Kurzfilmen „I luag uf di“ veröffentlicht – mit einer Reihe von Video- clips folgen die Zuseherinnen und Zuseher den verbor- genen Kräften hinter die Kulissen der Stadt. Etwa in die Tiefen der Kanalisation oder auf den Schulweg kurz vor Schulbeginn – für den Humor und die Umsetzung erhielten die Filme einige Auszeichnungen. Den Blick auf die Zusammenhänge zu richten, sie nicht als selbst- verständlich zu nehmen und dabei Humor anstatt des Zeigefingers einzusetzen, ist einfach grandios. Die Basis für ein gutes Miteinander in der Stadt Bregenz erzählt sich dabei erfreulich leicht. Wind im Haar Es gibt noch mehr stille und wunderbare Beispiele, und niemals kann ein Magazin der Fülle des Engagements gerecht werden, die in einer Stadt zu finden ist, aber: Beispielhaft sollen das Stadtteilzentrum Mariahilf und der Verein Lebensraum genannt sein. Gemeinsam küm- mern sie sich um die Belange im Quartier und bieten Unterstützung, Fortbildung und Initiativen, die den ge- samten Lebensraum vor Ort einfach lebenswert machen. Allein beim Vorklöschtner Märktle sind zahlreiche Eh- renamtliche und Vereine aktiv, um Kinder und Jugendli- che einzuladen, alternative Freizeitprogramme fern von Computer-Games auszuprobieren. Zuletzt siedelte sich dort ein Verein an, der derzeit in insgesamt sieben Vor- arlberger Gemeinden dafür sorgt, dass auch hochaltrige Menschen wieder den Wind im Haar spüren können: Ehrenamtliche holen mit Fahrrad-Rikschas Seniorinnen und Senioren zu Hause ab und machen unter dem Titel „Radeln ohne Alter“ Ausflüge an Stellen, die zu Fuß oder gar mit dem Rollator nur schwer erreichbar sind. Es gibt rund 300 registrierte Vereine allein in Bregenz, viele traditionelle und alteingesessene wie die Senioren- börse, aber auch interaktive wie etwa der interkultu- relle Verein Motif. Dieser sorgt dafür, dass türkische Kinder und Jugendliche auf der Bühne stehen, oft gemeinsam mit den Kinder- und Jugendclubs des Lan- destheaters. Anhand der eigens für sie geschriebenen Theaterstücke denken sie gemeinsam über ihre eigene Lebenswelt nach und lernen den intensiven Austausch über ein Thema, bevor sie damit auf der Bühne stehen. Sie feiern das Miteinander in all der Unterschiedlich- keit, und so geschieht wertvolle Integrationsarbeit neben der Freude am Spiel. Die Premiere des aktuellen Stücks „An der Schwelle“ ist gerade erfolgreich über die Bühne gegangen. Für das Miteinander einstehen Bregenz ist voller engagierter Menschen, Vereine und Ehrenamtlicher, die ganz selbstverständlich ihre Art des Miteinanders leben, unaufgeregt das Naheliegende tun und sich nicht aufhetzen lassen. Im Notfall stehen diese Menschen mit vielen anderen sogar an verregne- ten Sonntag-Vormittagen in der Kälte auf den Sonntags- demonstrationen, um deutlich sichtbar für das Mitein- ander einzustehen. Daniela Egger lebt, schreibt und arbeitet in Bregenz. B wie … 7